Überwindung der Sorge

Die Lilie auf dem Felde und der Vogel unter dem Himmel
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Und Vorsorge ist ja nicht Prävention, sondern Vorsorge ist Fürsorge.
Und Fürsorge braucht Wissen.

RAGAZ: DER STURZ DER GÖTZEN
Die Sorge
F.Aber wie kommt denn das Menschenherz dazu, dem Götzen Mammon seine Macht zu geben? Was ist dafür der tiefste Grund?
A.Die Antwort ist in dem gegeben, was Jesus von der Sorge sagt. Die Macht des Götzen Mammon ist die Sorge. Damit erst stoßen wir auf den letzten Grund der Lüge des Mammons.
F.Was ist mit der Sorge gemeint?
A.Wir wollen das zunächst mit einem andern Worte ausdrücken. Das Grundwesen der Welt ist die Angst. Es ist die Angst vor dem Schicksal, die Angst vor dem Tode, die Angst vor der Not, die Angst vor der Leere. Über diese Angst will der Mensch sich hinweghelfen. Er begehrt nach Sicherheit. Diese vor allem soll ihm das Geld verleihen. Weil aber die Angst unendlich ist, so kann nur unendlich viel Sicherheit – scheinbar – diese Angst vertreiben.
Darum sammelt er sich Schätze auf Erden.
Darum sucht er Geld und Gut und alles das, wovon es Symbol ist. Darum giert er nach dem Gelde, darum wird er wahnsinnig ob dem Gelde. Aber er will nicht nur Sicherheit, er will auch Betäubung. Diese sollen ihm Macht, Ehre, Genuß und vor allem der Reichtum an Geld verschaffen. Sie sollen ihm Gott ersetzen; sie sollen den Tod überwinden, ewiges Leben schenken. Erst wenn wir dies erkennen, blicken wir in das tiefste Geheimnis der Götzenmacht des Mammons. Das gilt besonders von den politischen und sozialen Steigerungen ins Kolossale, die dieser Besitzdrang erzeugt: der Vergottung von Volk und Staat, die im Imperialismus und seinen Gefährten
zum Ausdruck kommt. Der Kapitalismus ist ein Riesenversuch, den Verlust Gottes durch das Geld zu ersetzen. Das ist seine tiefste Wurzel. Wenn wir dazu noch eine andere Form des Trachtens nach den Schätzen der Erde nehmen, die geschlechtliche Sinnlichkeit als Gier, als Begehren des Mannes nach dem Weibe und des Weibes nach dem Manne, und zwar das Begehren als Besessenheit – diesen gewaltigen Götzen, der vielleicht am stärksten mit dem Mammon konkurriert – ist das nicht auch ein Haben = ein Besitzenwollen? Und meint nicht auch darin, gerade darin, der Mensch, ohne es zu wissen, Gott und den Himmel, das Reich Gottes, die Überwindung des Todes zu haben – ein dämonischer Trug! Diese Angst, welche die Wurzel der Gier wird, ist das, was Jesus mit der Sorge meint. Sie erzeugt jene Besessenheit, deren massivste Erscheinung das Trachten nach dem Geld ist. Sie treibt zum Kapitalismus, Imperialismus, Militarismus, Faschismus, Nazismus. Sie treibt zum Gipfel. Sie ist unendlich wie Gott, aber sie führt in diesen Erscheinungen nicht zu Gott, sondern zu den Götzen und vor allem ihrem stärksten – und vom Gipfel in den Abgrund,
worin alle Schätze der Erde zugrunde gehen. Wie heute vor Augen liegt!

Die Überwindung der Sorge
Mt 6,25-28, 31-34
25 Darum sage ich euch: Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die
Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?
26 Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln
nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie?
27 Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?
28 Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht …
31 Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden?
32 Nach dem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft.
33 Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch
das alles zufallen.
34 Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.

F.Wenn die Sorge die Mutter des Mammons und der durch ihn bewirkten Weltverderbnis ist, wie kann sie denn überwunden und der Mammon gestürzt werden?
A.Die Antwort ist, wie immer, einfach: Durch Gott, den Herrn und Vater, durch ihn allein. Götzen stehen auf, wo Gott nicht ist; wo aber Gott ist, da stürzen die Götzen. Der Mammon stürzt nur vor Gott. Denn Gott vertreibt die Sorge, er allein. Denn er vertreibt die Angst, er allein. Denn Gott ist der Herr – er allein. Er steht über allen andern Mächten. Darum brauchen wir nicht Angst zu haben. Wir brauchen uns bloß an ihn zu halten. Er allein ist der wahrhaft Unendliche. Darum haben wir in ihm die Unendlichkeit und brauchen nicht nach einer falschen Unendlichkeit zu gieren. Er ist der Herr der Welt, und darum haben wir in ihm auch die Welt und brauchen ihre Schätze nicht zu begehren. Er ist der Herr, und darum ist die Sorge sinnlos. Wir können mit unserer Sorge nichts ausrichten; es hängt doch alles von ihm ab. Wir können unserm Alter keine Elle zusetzen, wir können bloß auf ihn vertrauen. Er allein ist unser Hort…
F. Ist aber dieses Wort Jesu vom Nichtsorgen nicht utopisch? Ist es möglich, nicht zu sorgen? Sollen wir denn nicht für Essen, Trinken, Kleidung, Wohnung, Wärme sorgen? Und wenn nicht für uns, so doch für unsere Angehörigen? Ist das nicht Pflicht?
A.Wir dürfen nicht selbst die Worte Jesu zur Utopie machen, die Losung „Sorget nicht!“ so wenig wie die: „Ihr sollt dem Übel nicht widerstehen – („euch nicht widersetzen!“). Jesus weiß so gut wie du, daß wir an diese Dinge denken und für sie arbeiten sollen. Er setzt das ja selbst voraus, indem er erklärt, daß das uns ja von den Vögeln des Himmels und den Lilien des Feldes unterscheide.
F.Aber was bedeutet denn die Losung: „Darum sollt ihr nicht sorgen!“ und so fort?
A.Die Sorge, von der uns Jesus erlösen will, ist nicht die Sorge als Fürsorge, auch nicht die Sorge als Bürde, die wir zu tragen haben, die Sorge als Schicksal oder Schickung, sondern die Sorge als „Macht“, die Sorge als Götze und Mutter der Götzen, die Sorge als die Angst der Welt. Sie muß verschwinden vor Gott dem Herrn und Vater. Ohne das wird auch die berechtigte Sorge, auch die Sorge für Andere, zum Götzen, zur falschen Sorge. Man will dann sich und Andere sichern durch Anhäufung von Sicherheiten. Aber wo ist das Ende? Die Angst ist unendlich. Nur der unendliche Gott, der Herr und Vater, ist ihr gewachsen.
F.Wird durch diese Einstellung nicht doch das Arbeiten und Fürsorgen entwertet?
A.Nicht das Arbeiten als Gottesdienst, wohl aber das Arbeiten als Götzendienst. Das Arbeiten, wo es bloß der Sorge entspringt, wird aber stets Götzendienst – und was für einer! Die ganze Hast unserer Arbeit, der Götzendienst der Technik, das Zeichen des Erfolges und des Profites über ihr stammt aus dieser Wurzel. Erst die Orientierung der Arbeit an Gott, statt an der Sorge, gibt der Arbeit Sinn und Segen wieder. Und mit einer dadurch befreiten Seele kann man leichter und besser, ja zuletzt sogar auch mehr arbeiten. Das Gleiche gilt von der Fürsorge. Sie macht als Götzendienst blind und dumm, aber als Gottesdienst sehend und weise.
F.Was bedeutet denn das Wort von den Vögeln des Himmels und den Lilien des Feldes?
A.Es ist nicht ein religiöser Lehrsatz, sondern eine Paradoxie – eine lächelnde Paradoxie. Jesus will uns damit das Auge öffnen, daß wir die Bestätigung dessen sehen, was er mit dem Worte meint, wir könnten mit all unsern Sorgen der Länge unseres Lebens keine Elle zusetzen: die überragende Macht Gottes, des Herrn, die alle Dinge in der Hand hat, und aus der alle Dinge letztendlich Leben und Bestand haben, die umfassende Güte Gottes, des Vaters, der auch aus seiner Schöpfung, den unendlichen Reichtum Gottes, quillt. Er will uns damit, wenn ich so sagen darf, zu einem göttlichen Leichtsinn ermahnen. Es gibt ja einen ungöttlichen Leichtsinn, aber es gibt auch einen göttlichen Leichtsinn; es gibt aber auch ein ungöttliches Schwernehmen und dagegen ein göttliches Leichtnehmen. Dieses ist gegenüber Geld und Gut die Haltung des Jüngers Jesu und Bürgers des Reiches Gottes. Daran vor allem erkennt man ihn.
F.Wie kann man zu dieser Stimmung und Haltung gelangen?
A.Die Antwort ist, wie immer, einfach: Indem man zu Gott geht, dem Herrn und Vater; indem man immer fester wird in der Empfindung seiner Macht und Güte.
F.Warum versinke ich denn so oft in der Sorge, trotzdem ich an Gott glaube?
A.Vielleicht darum, weil du nicht recht an Gott glaubst. Es fehlt dabei vielleicht an der Hauptsache. Du willst Gott vielleicht nur haben, um durch ihn von deiner privaten Sorge erlöst zu werden, von der Sorge um das Brot, die Kleidung, die Wohnung, oder auch um Gesundheit, Leben, Arbeit, Laufbahn, Stellung, vielleicht auch der Sorge wegen Schicksal, Schuld und Tod. Das alles bloß aus Rücksicht auf dich selbst. Nach Gottes Sache aber frägst du nicht oder nur wenig. Aber du darfst nicht vergessen, daß man Gott, den Herrn und Vater, nie für sich allein haben kann, sondern bloß mit seiner Sache, bloß in seinem Reiche. Darum ragt auch über all diesen Worten Jesu die über aller Wahrheit Gottes leuchtende überall und in allem den Weg weisende Losung: „Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes und seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches zufallen.“ Nimm diese Sache, die Sache Gottes, nimm das Trachten nach dem Reiche als Erstes in dein Herz auf, lasse es deinen Schatz und Hort sein, und der Geist der Sorge wird von dir weichen. Versuche es! Sollte der, welcher dir so Großes zumutet und zutraut, nicht auch dafür sorgen, daß du alles hast, was du für Leib und Seele brauchst? Das ist die zentrale Wahrheit auch dieser Sache. So lange du bloß für dich selbst lebst, und auch das Verhältnis zu Gott nur daran orientiert ist, bleibst du im Bann der Sorge, sobald du aber für Gott lebst, sein Reich zuerst willst, wirst du aus dem Kerker der Sorge unter den freien Himmel Gottes geführt, zu seinen Vögeln und Lilien. Das ist das einfache, große Geheimnis: Nur die Sorge für Gott macht frei von der Sorge der Welt.

Die Revolution der Gesellschaft
F.Hat das Wort Jesu von Mammon und Sorge und vom Trachten nach dem Reiche Gottes auch einen politischen und sozialen Sinn?
A.Selbstverständlich. Denn wir sollen ja zuerst nach dem Reiche Gottes und seiner Gerechtigkeit trachten. Das ist ja doch der Sinn der ganzen Bergpredigt. Die Forderung und die Verheißung für den Einzelnen heben sich von diesem Hintergrunde ab. Nirgends kennt das Evangelium ein „bloß“ individuelles oder gar bloß privates Verhältnis zu Gott und den Menschen. Die so lange allein gültige und meistens noch jetzt herrschende falsch individualistische (es gibt ja auch einen echten Individualismus) Auffassung des Evangeliums hat natürlich auch die ganze Bergpredigt individualistisch und damit einseitig ausgelegt. Aber es ist klar wie die Sonne, dass die Bergpredigt die Lebensordnung des Reiches Gottes ist. Das Reich Gottes jedoch ist wesentlich auch eine politische und soziale Sache; darüber läßt die Bibel keine Unklarheit. Im Lichte dieser Voraussetzung muß auch die ganze Bergpredigt ausgelegt werden… Die Bergpredigt ist eben immer an den Bürger des Reiches
gerichtet, nicht an eine Privatperson.

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