Centrum Securitatis

centrum

J. A. COMENII

Centrum securitatis,

Oder (Grund der wahren Sicherheit) Daß ist: Eine deutliche Vorstellung, Wie in dem einigen GOTT, Und in einer demühtigen Ergebung in allen seinen Willen, eintzig und allein die wahre Ruhe, Sicherheit und Vergnügen dieses gegenwärtigen Lebens bestehe. Ehemals in Böhmischer Sprache herausgegeben, Nunmehro aber ins Teutsche übersetzet. Von einem Liebhaber der Comenischen Schriften. Psalm 31, 25. Haltet euch männlich, so wird GOtt euer Hertz stärcken, alle, welche ihr eure Hoffnung auf den HErrn setzet.
Berlin, zu finden im Hallischen Buch-Laden.

DIe gantze weite Welt, ist ein gefährlich Rad,
Das nichts als Unbestand und Unruh in sich hat;
Wer nicht in seinem GOtt, als in dem Centro, bleibet,
Den schleuderts hin und her, bis er daran zerstäubet.

VORREDE DES AUTHORIS
Dem Christlichen Leser Heil zuvor.
Dieses Büchlein, welches schon vor etlichen Jahren, in der gefährlichsten Zeit, da die Knechte GOttes, in unserm Vaterlande flüchtig sein, und sich hier und da verstecken mußten, aufgesetzet worden, wird jetzt erst ans Licht heraus gegeben. Und zwar aus der Ursach: Weil viele fromme Seelen, die es in die Hände und zu Gesichte bekommen, es zur Befestigung einer beständigen Hoffnung zu GOtt, für dienlich befunden. Sind wir denn aber nicht allezeit, so lange wir auf der Welt sind, in Gefahr? und wandeln wir nicht überall, wo wir uns auch immer befinden, auch so gar auf den Wegen der Gottseligkeit, zwischen lauter Netzen und Fallstricken? und zwar alle und jede, ohne Ausnahm, wenn es auch die Allerheiligsten wären. Denn haben dieses nicht alle Heiligen GOttes erfahren müssen? war nicht unser HErr selbst, da er auf Erden in unserm Fleische wandelte, mit vieler Gefahr und listigen Nachstellungen umgeben. Und demnach ist es einem jeden nötig, daß er sich überall und zu aller Zeit, um einen festen und gewissen Grund der Sicherheit für Seel und Leib, bekümmere. Und darzu wird denn gegenwärtiges Büchlein, welches in der Furcht GOttes aus der heiligen Schrift zusammengetragen worden, Anweisung und Unterricht erteilen, worinnen der geliebte Leser, sonderlich im Anfang auch manch schweres, und ungewöhnliches, nach dem Inhalt und Worten, finden wird (als z. E. die Wörter: Dependenz, Centrum, Eigenheit, Nichtdaheime sein etc.), wobei er sich aber nicht aufzuhalten hat: Denn eigene und besondere Sachen, müssen auch mit eigenen und besondern Redens-Arten ausgedrucket werden; wie man denn auch, wo dergleichen vorkommt, es möglichst erläutert und deutlich gemacht hat, und wenn man es nur erst in etwas gewohnet, so wird man einsehen, daß man nicht anders und gründlicher, als also, von dergleichen besondern Sachen reden kann. GOtt laß nur einen jeden alles, mit einem feinen und guten Herzen auch gut gebrauchen, um seiner Ehre willen, Amen!
In Polnisch Lisse, den 16. Augusti 1633.

Kapitel VI
7. An den Frommen insgemein.
Auch selbst die Frommen geraten oft tief genug in solche Irre, daß sie nicht bei sich daheime sind, sondern mit fremden und unnützen Ratschlägen und Hilfe, da sie auf dieselbe ihr Vertrauen setzen, und darnach schnappen, sich so verwickeln, daß sie endlich, wenn sie allen Rat verlieren, der Verzweifelung nahe kommen; GOtt aber lässet sie doch nicht darein geraten; sondern wenn sie auch schon mit der Verzweifelung ringen, so reißet er sie mitten aus dem Wirbel, und ziehet sie zu sich, ins Centrum ihrer Ruhe und Sicherheit.

Die doch GOTT aus dem Wirbel herausreißt.
Denn war nicht David öfters schon in den Toren des Unterganges, und fast in der Ver-zweifelung, wenn er klaget, daß er von GOTT verlassen sei? <Palm 3, 1> War nicht Manasses schon fast über dem Abgrund der Höllen? <2. Kön. 21> War nicht der Schächer am Kreuze schon über der Grube des Verderbens? <Luk. 23, 29-43> War nicht auch Petrus schon tief in den Wirbel geraten? <Matth. 26, 74> GOtt aber hat sich über dieselben erbarmet, und erbarmet sich auch noch über andere seiner Auserwählten, indem er uns aus dem Verderben, worin uns die Eigenheit und unsere Ausgelassenheit verleitet, uns wieder zurücke führet, und in Sicherheit bringet.

Vertrauen auf Mittel.
Dabei trauen wir auf Mittel (wir mögen dieselben haben oder nicht) mehr, als es sich gebühret. Einer setzet seinen Trost auf seinen Schatz, und hoffet darauf; ein anderer auf seine Freunde; ein ander auf Waffen und Festungen; ein ander auf Berge und Klüfte; ein ander auf die Geschwindigkeit seiner Füße, oder auf Pferde, Wagen, Schiffe etc, da doch dieses alles betrüglich. Was halfen denen zu Jericho ihre Mauern, Tore und Riegel, da sie sich damit verwahren wollten? Job. 6. Was halfen dem Assa die Arzte, da er sich auf dieselben verließ? Paral. 16, 12. Was half dem Jonas das schnelle Schiff, da er damit entfliehen wollte? Jon. 2. Was den Idumäern ihre hohen Schlösser, in welchen sie für ihren Feinden wollten gesichert sein? Obad. v. 3. Was dem Amasia sein siegendes Kriegs-Heer, worauf er sich verließ? 2. Paral. 25. Alle, alle, alle, die auf Mittel getrauet, sind von Anfang der Welt und jederzeit zu schanden worden, und kann auch nicht anders sein. Derohalben ist auch das allzugroße Bemühen und Trachten nach den Mitteln nur Eitelkeit und Torheit. Der einzige aber, der einzige Hafen unter dem Himmel, aller wahren Sicherheit, soll im folgenden Kapitel gezeiget werden. Wenn nun jemand in denselben trifft oder gelanget, so ist es ebenso viel, als wenn einer aus einem wütenden und alles in sich raffenden Wirbel, oder Strom, glücklich ans Ufer anlandet.
Richtig im Text: „Jos. 6.“. Richtig im Text: „2. Paral. 16, 12.“ (2. Chronik).

Das VII. Kapitel
Daß die einzige Arznei wider unsere Mühseligkeiten die Wieder-Einkehrung
ins Centrum, oder in GOtt, sei.

Das Gemüt ruhet in GOtt. Beweis dessen. 1. Aus göttlichen Aussprüchen.
Und ebenso ist es auch mit der Seele und Gemüte beschaffen, welche, da sie durch den Abfall von GOtt zu sich selbst und den Kreaturen, in Unruhe und unendliche Verwirrungen gerät: (wie wir vernommen) so kann sie in Ewigkeit auf keine andere Weise davon befreiet werden, als wenn sie wieder zu GOtt umkehret. Und das ist was GOtt durch den Propheten spricht: Israel du bringest dich selbst ins Unglück, aber dein Heil (oder Hilfe) stehet allein bei mir. Hos. 13, 9. lt. Willst du dich bekehren Israel, so kehre dich zu mir. Jer. 2. Ingleichen: Kehret um, die ihr so sehr abgewichen seid, Jes. 31, 6. und um deswillen sagt der Prophet: daß GOtt der HErr ein ewiger // Fels sei, Jes. 26, 4. d. i. eine Unbeweglichkeit, wie er auch oft in den Psalmen ein sichrer Fels genennet wird. Selig nun, wer auf diesen Fels kommt, der ist glücklich allen gewaltigen Strömen und Wirbeln, Stürmen und Toben entgangen, und hat seinen Fuß auf sichern Grund gestellet.

2. Aus göttlichen Verheißungen.
Wir haben auch davon viele herrliche Verheißungen, daß, wer aus sich selbst und den Kreaturen ausgegangen, und seine Zuflucht zu GOtt genommen, vollkommene Ruhe und Sicherheit finde. Wer unter dem Schirm des Höchsten wohnet, (sagt der 91. Ps.) und den HErrn für seine Zuflucht und sichere Wohnung hält, dem wird kein Übels begegnen, und keine Plage zu seiner Hütte nahen. lt. Welche den HErrn ansehen und anlaufen, derer Angesicht wird nicht zu schanden; wohl allen, die auf ihn trauen. Ps. 34, 6. und 9.

3. Aus Exempeln. Salomo.
Dieses bezeugen auch viele Exempel, sonderlich des Salomons: Denn als derselbe sich den Lüsten der Welt ergab, mußte er mancherlei Verwirrung und Pein empfinden; und da er eines nach dem andern versuchet, so hat er nichts anders gefunden, als Eitelkeit, Abmattung des Geistes, Elend und Schmerz, ja zuletzt das Verderben; worzu er denn auch selbst sehr nahe gekommen, bis er sich wieder bekehret, und seine Zuflucht zu GOtt genommen, da ihm denn wieder geholfen worden, wie aus seinem Prediger Buch zu ersehen. <12, 13>
Text: „Jer. 4, 2.“, neue Zählung: 4, 1.
Der Text ist noch präziser: „unbewegliche Unbeweglichkeit“.

David.
David bekennet an vielen Orten in den Psalmen, daß, sooft, als er, in seiner Angst und Not, sich zu GOtt gewendet, sei ihm allezeit geholfen worden. Und seine Historie zeiget, daß, sooft er sich zur Eigenheit geneiget, und in Ausgelassenheit geraten, oder sich auf Mittel, z. E. auf die Menge des Volkes, verlassen: 1. Paral. 21, so ist es ihm jedesmal übel gelungen. Und wenn er nicht ins Centrum hätte gekonnt umkehren‚ hätte er sich in immer mehrere Verwirrung des Leibes und Gemütes verwickelt, und wäre unglückselig aus der Welt gegangen; aber weil er sich im Centro der göttlichen Allmacht fest gesetzet hate, so saß er sicher darinnen, und durfte sich vor keinen leiblichen Feinden fürchten, Ps. 27, 3. und 56. noch für Teufel und Hölle, (Ps. 23, und 46.) wie unten soll gezeiget werden. Wenn er sich aber ja in sich selbst, durch einige Leichtsinnigkeit, verwickelt, so stillete er sich bald wieder in GOtt.

Manasses.
Manasses hatte sich ganz und gar von GOtt losgerissen, und da er erstlich vom Fleische, Teufel, Welt und abscheulichen Sünden hin und her war gewaltig geworfen worden, ist er zuletzt von seinem Königreich verstoßen, seinen Feinden in die Hände, und in schweres Gefängnis geraten, auch von seinem eigenen Gewissen verfolget und beängstiget worden; ja er steckte schon recht dem Tode und der Verdammnis im Rachen. Da er aber doch noch zu GOTT rief, und sich seiner Barmherzigkeit überließ, ward ihm geholfen. <2. Chron. 33, 1-19>

Der Mörder am Kreuz.
Ebenso ging es mit dem Mörder am Kreuze nur daß sein Leib nicht, sondern nur allein die Seele, vom Tode errettet wurde.
Summa: Es ist wahr, was Sirach spricht: Sehet an die vorigen Zeiten; ist wohl jemand zuschanden worden, welcher sich dem HErrn vertrauet hat. Und darum vermahnet er auch: Vertraue dem HErrn, so wird er dich annehmen, richte deinen Weg und hoffe auf ihn.
Text: „Sirach 7.” – Sir. 2, 10, 6 (N).

Warum in GOtt Sicherheit zu finden?
Die Ursache aber, daß nur allein in GOtt Hilfe und Sicherheit zu finden, ist einzig und allein, weil GOtt der HErr unser und der ganzen Welt Centrum ist; nämlich das Centrum der Allmacht und Stärke; das Centrum der Weisheit und des Rats; das Centrum der Barmherzigkeit und Erbarmung; das Centrum des Trostes und der Seligkeit. Denn alles, was in der ganzen Welt sich befindet, ist der Veränderung und Vergänglichkeit unterworfen, indem es bald gebauet, bald eingerissen wird, bald wächst bald abnimmt, bald stark, bald schwach wird, bald entstehet, bald wieder vergehet: also, daß alle Kreaturen nichts anders, als ein Schauspiel der Unbeständigkeit, Verwirrung und Zerrüttung auf allen Seiten.

Der Liebe und Erbarmung.
Braucht jemand Mitleiden und Erbarmen in seinem Elend, so ist GOtt der Brunnquell aller Barmherzigkeit, Liebe und Treue, gegen alle, die ihn anrufen. Denn, wie sich ein Vater über seine Kinder erbarmet, so erbarmet sich der HErr über die, so ihn fürchten. Ps. 103. Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währet bis in Ewigkeit, <Ps. 100, 5> welches alle seine Werke bezeugen; ja auch unser Herz selbst ist Zeuge davon, daß er gut, ja die Güte selber ist, weil es, (solang es nur nicht gar vomTeufel verblendet worden) sich zu ihm neiget und an ihn gedenket.

Das VIII. Kapitel
Daß das Centrum göttl. Barmherzigkeit Christus sei.

Warum es nicht leicht in GOtt, als ins Centrum zu treffen?
Daran ist nur am meisten gelegen, daß wir in dieses selige Centrum treffen lernen. Denn gleich wie eine Sache, die im Rade herumgeworfen wird, immer leichter aus dem Rade herausfallen, als in die Mitte treffen, und sich darinne feste setzen kann: Also ist es auch uns leichter, wenn uns die Verwirrungen und Drehungen dieser Welt hin und her werfen, daß wir in Verzweifelung geraten, als uns wieder zu GOtt, dem Centro unserer Ruhe und Sicherheit, finden. Und demnach hat GOtt, da er hierinnen unserer Schwachheit zu Hilfe kommen wollte, zweierlei getan: 1) Daß, indem er in sich selbst unsichtbar ist, als das Centrum der Ewigkeit, er sich uns sichtbar gemacht. 2) Daß er uns den Weg und die Art gezeiget, wo und wie wir zu ihm gelangen könnten.

Christus ist das sichtbare Centrum der Welt.
Denn sichtbar hat er sich gemacht, als er seinen Sohn mit unserm Fleische angetan, und ihn, als das Centrum des Himmels und der Erden, ausgerufen, damit alles was zerrüttet und zerstreuet war, bei und in ihm wieder gesammlet und vereiniget werden könnte; wie denn seine Stimme deswegen zu zweien malen vom Himmel erschollen: Das ist mein lieber Sohn, an dem ich mein ganzes Gefallen habe, den sollt ihr hören. Und da der Heilige Geist dieses Geheimnis deutlicher erklären wollte, druckte er es also aus: daß es dem Vater gefällig gewesen, daß in ihm alle Fülle wohnen möchte, und damit er durch ihn alles mit sich versöhnen könnte, was im Himmel und auf Erden ist, und daß alles, was von ihm entfernet und abgesondert war, durch ihn wieder einen Zutritt zum Vater haben, (Coloss. 1. Eph. 2.), ja, daß er, (wie der Geist GOttes abermals gleichnisweise redet) der Grund- und Eck-Stein sei, auf welchem alle, die auf die Ewigkeit wollen erbauet werden, sich gründen sollten. 2. Petr. 2, 5. 6. und da er dieses, als seine Pflicht über sich genommen, ist er selbst, als das sichtbare Centrum der göttlichen Barmherzigkeit, aufgetreten, und hat von sich ausgerufen: Ich bin der Weg, Die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater, als nur durch mich, Joh. 14, 8. und abermals: Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken, nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und demütigen Herzens, und so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Matth. 11, 28 und noch ferner: In der Welt habt ihr Angst, aber in mir habt ihr Friede. Joh. 16, 43. Denn der Wille des der mich gesandt, ist, daß ich nichts verliere von dem was zu mir kommt; und wer nur den Sohn siehet und gläubet an ihn, soll nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Joh. 6, 35. 39. <40> Text richtig: „1. Petr. 2, 5. 6.“ Text: „14, 4.“ Text: „11, 28. 29.“ Text: „16, 33.“ Text: „Jan 6, 37. 39.“

1. Den Brunnquell unsers Wesens
In Christo finden wir, was im Centro sein soll, nämlich den Ursprung unserer Dependenz, die wahre Ruhe, Friede und unendliche Sicherheit. Denn er allein hat den Schlüssel zum Herzen GOttes, aus welchem die Barmherzigkeit auf alle seine Geschöpfe herausfleußt; ja er träget das mitleidige Herz GOttes in sich selber. Derohalben spricht er auch: Niemand kommt zum Vater, denn durch mich, und gleich darauf: Wer mich siehet, siehet den Vater, denn ich bin im Vater und der Vater in mir. Joh. 14, 9. Wenn wir also Christum finden, so finden wir den himmlischen Vater, und wenn wir den finden, so finden wir den Brunnquell, aus welchem wir geflossen, nämlich das selige Centrum der Ewigkeit, und wir sind wieder daheime.

2. Ruhe.
Was haben wir aber weiter in Christo? Er spricht: In mir werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen, <Matth. 11, 28> und also dasjenige, was ihr sonst in der Welt mit großer unendlicher Bemühung vergeblich suchet, das findet ihr vollkommen in mir, so, daß ihr euer Verlangen in mir stillen könnet.

3. Friede.
Was aber noch mehr? In mir habt ihr Friede, <Joh. 16, 33> das ist, bei mir könnt ihr dem unzähligen Jammer und Elend, womit die Welt angefüllet, entgehen, ja auch dem Zorne GOttes; also, daß euch nichts mehr verunruhigen können wird.

4. Sicherheit.
Was denn aber noch zuletzt? Keiner wird bei mir verloren gehen, noch umkommen, <Joh. 6, 39> d. i. ein jeder kann bei mir sicher ruhen, und darf sich in Ewigkeit vor keinem Feinde mehr fürchten. O herrliche und selige Dinge, welche uns Christus hier verheißet! und zwar gewiß und wahrhaftig verheißet; weil er die Wahrheit und das Leben. <Joh. 14, 6> Wer wollte demnach nicht zu ihm eilen? Da er in ihm, das liebreiche und gnädige Angesicht des himmlischen Vaters, eine so liebliche und angenehme Ruhe, einen so teuern und unaussprechlichen Frieden, und eine solche vollkommene Sicherheit haben kann?
O sei in Ewigkeit gelobet, du lieber himmlischer Vater, daß du in Einem, so teure Güter und Schätze zu unserm besten so häufig geleget! und da du diesen einigen, als einen aus unserm Mittel erwählet (damit er mitleidig und erbarmend gegen uns wäre) und ihn mit deiner Gottheit erfüllet, hast du ihn als den unerschöpflichen Brunnen deiner Barmherzigkeit, (und zwar als einen uns allezeit freien und offenen Brunnen) uns vorgestellet. Zach. 13, 1. Damit wir aus seiner Fülle nehmen könnten, Gnade um Gnade. Jo. 1, 16. Denn alles was Christus hat, das hat er für uns, wie die Schrift zeuget: Daß er unsere Weisheit, unsere Gerechtigkeit, unsere Heiligung, unsere Erlösung, unser Schutz, unsere Herrlichkeit, unsere Freiheit, unser Friede, unsere Lust, unsere Freude, unser Leben, in Summa unser alles ist.

Demut.
Und daß dieses wahr sei, wird ein jeder zugeben, wer die Sache nur recht erwäget: Weil ein jeder, welcher die Demut Christi lernet, gewiß bei GOtt und Menschen Liebe haben wird; er stehet auch nicht mehr um seine eigene Ehre, hohe Titel, Vorzüge; sondern lässet andere sich darum zanken, er selbst genießet indessen fein stille des edlen Friedens und Ruhe der Seelen.

Armut.
Lernet jemand Christi Armut, so wird ihn weder Geld, noch Gut, (er mag es haben oder nicht) im geringsten nicht plagen, sondern er wird immer in allen Dingen mit GOtt und den Menschen, ja auch sich selbst, wohl zufrieden sein.

Welt-Menschen haben Unruh.
Da indessen den Welt-Menschen nicht möglich ist, ohne Unruhe zu bleiben, indem sie sich übermäßig um dieses Leben bekümmern, und leicht eine Begierde sie reizet, die Sorgen sie quälen, die Furcht sie schrecket, Zorn und Neid sie brennet, und also, eine Qual auf die andere, und eine Sünde auf die andere, folget; das Gewissen beißt und frißt sich in sich selber, der Zorn GOttes meldet sich und bricht endlich gewaltig aus. Und das alles kommt daher, daß sie die Sanftmut Christi nicht haben, noch erkennen. Woher dieselbe?
Christus aber befreiet diejenigen, welche sich zu ihme gesellen, von solchen Plagen nicht nur, indem er sie lehret, sich demütig in alles zu schicken, und alles zu gewohnen; sondern auch, wenn er sie von Sorgen abführet, und selbst für sie treulich sorget. Ferner, wenn er sie unterweiset, daß sie die vergängliche Ehre nicht achten sollen, und ihnen eine bessere Ehre in sich selber zeiget. Daß sie die Lüste des Fleisches verachten, indem er sie mit himmlischer Süßigkeit erquicket; wenn er sie lehret, daß sie andern alles gönnen sollen; so öffnet er ihnen die ewigen Schätze und teilet ihnen dieselben aus; daß sie sich für nichts fürchten möchten, so vertritt er sie in allem: Vertreibet den Teufel, tilget die Sünden, und tötet den Tod. O seliger Friede und Sicherheit, die in diesem Centro zu finden! Und Christus spricht nur: Lernet von mir, so werdet ihr sie finden.

Das IX. Kapitel
Daß derjenige, welcher in das Centrum göttlicher Barmherzigkeit treffen
will, aus allen Geschöpfen, und aus sich selber, ausgehen müsse.

Ins Centrum geht man durch eben die Wege, durch welche man ausgehet, doch rückwärts.
Durch welche Wege nun der Mensch aus dem Centro ausgehet, (nämlich durch die Eigenheit und Ausgelassenheit, oder wenn man woanders ist, als man sein soll) ist Cap. 5. und 6. gezeiget worden. Will er nun wieder in sein Centrum treffen, so ist offenbar, daß er eben diesen Weg, doch rückwärts, gehen müsse, bis er wieder dahin, wo er sich herausgerissen, hineingelange. Nämlich, er muß zuerst alle Ausgelassenheit, oder alles Gaffen nach den Mit- geschöpfen, sie mögen auch sein, wer sie wollen, meiden, und nicht im geringsten auf dieselben trauen oder bauen. Hernach muß er auch seine Eigenheit verleugnen, und seine eigene, daheime aufgerichtete Kanzelei, des eigenen Wählens und Wollens, von Grund aus zerstörten, darniederreißen, und auseinander werfen.

Was die Ergebung [resignatio] des Willens an GOtt sei?
Und wenn er endlich einen Ekel an allem gewonnen, und auf diese Weise alles, und auch sich selbst, verlassen; sich in die Tiefe der göttlichen Barmherzigkeit in Christo hineinlassen, und darinne sich mit seinem Willen und Verstande ganz verlieren und verschwinden; dem Willen und der Vorsicht GOttes aber, sich so ergeben und überlassen, daß er allein mit ihm tue, was er will, wie er will, wo er will, und wie lange er will; indem er zu allem bereit, was GOtt mit ihm vornehmen will, und in allem auszuhalten, ohne die geringste Ausnahme.

Exempel der Heiligen, die sich Gott ergeben. David.
So tat David, da er sich in Lebens-Gefahr sahe, daß er sprach: Hier bin ich, der HErr tue mit mir was ihm gefällt. 2. Reg. 15, 26. und Ps. 63, 4. deine Güte HErr ist besser denn Leben, das ist, ich frage nichts darnach, ob ich lebe oder sterbe, wenn nur deine Güte und Barmherzigkeit bei mir ist. Gemeint ist 2. Sam. 15. 26; das zweite Buch der Könige wird von Comenius gemäß der Zählung der Kralicer Bibel als „4. Kral.“ bezeichnet.

Job.
Also auch Job, da er in seinem Elend sprach: Was soll ich mein Fleisch mit meinen Zähnen zerreißen und meine Seele in Gefahr setzen, (das ist, mich mit eigenen Anschlägen quälen) // ich will mich lieber vor GOtt, meinem Richter demütigen; und wenn er mich gleich töten sollte, so will ich dennoch auf ihn hoffen, denn er ist meine Hilfe (Job. 13, 14. 15. c. 9. 15.)

Andere Heiligen.
Also ergaben sich auch Gott Noa, Abraham, Joseph, Moses, Josaphat, Daniel und andere heilige Propheten, Apostel, und Märtyrer, welche, da sie einmal den Vorsatz gefasset, GOtt treulich zu folgen und nachzuwandeln, so gingen sie getrost durch Ehr und Schande, durch gut und böse Gerüchte, als die Diener GOttes in großer Geduld, in Unterdrückung, Mangel, Bedrängnis, Wunden, Gefängnissen, Verfolgungen, vieler Arbeit etc. in der Kraft GOttes, durch Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und Linken. (2 Cor. c. 6, 4. etc. Ebr. 11, ganz.)

Paulus.
Desgleichen war Paulus auf alle göttlichen Verhängnisse gefaßt und zubereitet: zu sterben, oder zu leben, Phil. 1, 20 Trost oder Traurigkeit, Weinen oder Freude, Gefängnis oder auch den schmählichsten Tod, seinem lieben Heiland zu gefallen, über sich zu nehmen. (Act. 20, 24. c. 21, 13.)

Christus.
Also hat auch Christus selbst, sich seines Willens, uns zum Exempel, verziehen, da er sprach: Ich bin nicht kommen, daß ich meinen Willen tue, sondern dessen, der mich gesandt hat. Joh. 6, 38. c. 5, 30. und hernach in seiner größten Anfechtung: Vater, nicht wie ich, sondern wie du willst, Matth. 26, 39. Nicht mein, sondern dein Wille geschehe, Luc. 22, 42.

Die Verleugnung ist eine schwere Sache, man muß mit Fleisch und Blut kämpfen.
Es möchte aber jemand sagen: Ei das ist schwer! Ja freilich, ist es Fleisch und Blut schwer. Und eben deswegen weil es so schwer, sagt Christus: Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst <Matth. 16, 24.>, das ist, widerstrebe deinem Verstand und Willen, und ergib dich mir ganz. Denn gewißlich! wo der Mensch muß mit Gewalt widerstehen, das muß sehr gewaltig, und sehr schwer zu überwinden sein; und warum wäre sonst der Widerstand nötig?
Ach es schwindelt freilich da Fleisch und Blut, wenn es der Vernunft absagen und dem, was die Augen sehen und die Hände greifen, nicht glauben; hingegen aber sich auf was anders, was man nimmermehr sehen kann, sich verlassen soll? Also ist es ihm auch widersinnig, wenn es seinen Willen ablegen, und das was es als gut, angenehm, süß und lieblich empfindet und schmecket, verwerfen, und dargegen etwas anderes, wovon es nicht weiß, wie es sein wird, und ob es sein wird (Honig oder Gift?) erwarten soll.

Kapitel IX
Sich auf fremde Vorsorge, Kraft oder Wissenschaft verlassen ist eitel.
Es möchte aber jemand sagen: Es sind doch noch Menschen, die ich kenne, welche verständig sind und raten können; mächtig und helfen können; aufrichtig, welche ein Mitleiden haben können. Darauf aber antworte: Wenn einer, der mit Mangel geplaget wird, auf das sehen will, was andere haben, so ists nicht anders, als wenn einer nach dem Schatten greifen, oder mit dem Geruch von köstlichen Speisen sich sättigen wollte.
Was nützt es der Fledermaus, daß der Papagei schöne Federn hat? Was hat der Esel davon, daß er beim Hirsch Geschwindigkeit, beim Löwen Stärke, beim Elephanten Klugheit, beim Pferde gut Futter siehet; und doch selbst ein Esel bleibet? Nichts, gar nichts helfen also fremde Dinge, wenn man sie selbst nicht hat. Was soll ich demnach mich auf fremde Weisheit, Klugheit, Wisenschaft, Verstand, Schönheit, Macht, Reichtum, Ehre, Glück etc. verlassen. Hat jemand dergleichen was, so hat ers für sich. Dieses bezeugen viele Exempel in der ganzen Welt, daß ein jeder nur für sich selber alles suchet, sich selber es verwahret, sich selber alles sammlet. Und nimmt sich auch etwa einmal einer des andern an, so ist doch dabei nichts Gewisses oder Beständiges, und wie bald wird er müde? Wenn die Not am größten, wird man doch von allen verlassen.

Der Menschen unermeßliche Falschheit.
Überdies findet sich überall solche Falschheit, daß man fast niemand trauen darf. Hat jemand Klugheit, so kann er sie mich zu berücken – hat jemand Macht, kann er sie mich zu unterdrücken – hat jemand Scharfsinnigkeit, kann er sie mich zu belauern – hat jemand eine fertige Zunge, kann er sie mich auszutragen, anwenden. Weswegen GOtt spricht: Daß das menschliche Herz das allerverkehrteste und betrüglichste sei, und daß es niemand, als der HErr, ergründen kann. Jer. 17, 9.

Menschliche Unbeständigkeit.
Und wenn auch dieses nicht wäre, so sind die Menschen unbeständiger und veränderlicher in ihrem Tun, als der Mond, welcher bald auf-, bald untergehet, einmal uns das Angesicht, einmal die Hörner zeiget: Ebenso sind die Menschen, bei welchen Freundschaft und Feindschaft, Liebe und Haß, Treue und Untreue gleich wohlfeil sind. Was kann ich mir demnach von irgendeinem Menschen Sicheres versprechen? Denn ehe ich michs versehe, kann er mir entzogen werden, oder sich verändern und in einen Feind verwandeln; oder es kann sich ein Zufall ereignen, (wie alle Stunden zu befürchten) daß keine Kunst, Rat, noch Hilfe uns zustatten kommen kann.

Auch die Engel können uns ohne GOtt nicht zustatten kommen.
Was ist aber zu tun? wo sollen wir uns hinwenden Hilfe, Rat und Trost zu suchen? Sind uns denn die Menschen und andere sichtbare Geschöpfe nicht hinlänglich, so werden uns doch etwa die Engel behilflich sein?
Antwort: Bei den Engeln ist allerdings größere Weisheit und Stärke, als bei Menschen; und manche wenden sich entweder zu den guten oder bösen Engeln, und erwählen sich dieselben zu Führern, Ratgebern, Beschirmern, rufen dieselben an, oder beschwören sie. Aber dieses ist auch umsonst. Denn was zuerst die Teufel betrifft: so sind sie abgesagte Feinde unseres Geschlechtes, und sind in Ewigkeit auf nichts anders bedacht, als auf unsern Untergang und Verderben. Und sind demnach diejenigen recht tumm, ja recht unsinnig, welche zu dem, nach ihrem Blut dürstenden Feinde selbst hingehen.
Aber was können denn die andern guten Engel ausrichten? Antwort: Auch die können wenig helfen, weil sie ebenso unter GOttes Macht stehen, wie wir; und weil sie auch dazu nicht tüchtig: Denn sie sind nicht allwissend noch allmächtig. Und wenn sie auch könnten; wie mag man sich auf sie verlassen, weil wir sie, wenn sie bei uns sind, oder nicht sind, doch nicht sehen können. Dazu kommt, daß sie uns niemals nichts von sich verheißen. Endlich so können wir uns auch keine Hoffnung machen, daß sie an unserer Gesellschaft ein Gefallen haben möchten, da sie himmlisch, und wir irdisch, und daß sie, als die Reinen, gern bei uns Unreinen sein möchten, es befehle es ihnen denn GOtt.

Der letzte und einige Rat: sich auf die Tiefe der Barmherzigkeit Gottes begeben und darein versenken.
Es bleibt also nichts unterm Himmel übrig, als, daß der Mensch, welcher Beruhigung seiner Seelen, und die rechte Sicherheit aller seiner Dinge suchen will, sich und alle Geschöpfe aus den Augen setzen, und sich allein zu seinem Schöpfer durch JEsum Christum wende, und aus der tiefsten Demut sage: Hier bin ich mein GOtt und HErr, mein Schöpfer, mein Erbarmer, ich bin endlich müde worden, Rat und Trost bei mir und außer mir zu suchen, indem ich nirgends nichts, als Gefahr, Furcht und Unsicherheit gefunden. Und weil demnach kein Geschöpf weder helfen kann, noch helfen will; ei so komm ich zu dir, und lege mich zu deinen barmherzigen Füßen, und ergebe mich dir gänzlich in allen deinen Willen. Handele mit mir, als mit einem, der sich in die Hände deiner Barmherzigkeit leget, um CHristi meines Erlösers willen! HErr du Herrscher Himmels und der Erden, deinem Namen, und nicht mir, oder einem Geschöpfe im Himmel oder auf Erden, sei die Ehre! denn du allein bist würdig zu nehmen Macht, Weisheit, Kraft, Ehre, Herrlichkeit, Heil und Segen. <Offenb. 5, 12>
Von dir will ich schon sonst nirgends mich hinwenden in alle Ewigkeit. Jetzt, ach jetzt! befinde ich mich nun einmal im Centro deiner Barmherzigkeit, und lege um mich, anstatt aller Schilde, Mauern und Wälle, deine Allmacht; vor mich aber stelle ich zur Wache deine Allwissenheit, übergebe auch die Schlüssel von meinem Herzen und allen meinen Sinnen, ja auch von allen meinen innern und äußern Kräften, deinem guten und gnädigen Willen; Schleuß auf und zu, und tue was dir gefällt. Hier stehe ich, und zwar stehe ich ganz bloß vor deinem Angesicht; ich lege von mir alle Geschöpfe, ja auch mich selber, und übergebe mich dir nur nackt und bloß, und zwar mich ganz und gar, ohne alle Ausnahme. Handele mit mir, wie und was dir gefällt, lehre mich, was du willst; führe mich, wohin du willst; lege auf, was du willst: ich will dir in nichts widerstreben, nichts vorschreiben; dein Wille geschehe an mir, und durch mich, nach deinem Wohlgefallen, verlaß mich nur nicht bis in Ewigkeit Amen!

Allen Geschöpfen aber und sich selber sich verlieren.
Wer nun also in das Centrum der Barmherzigkeit trifft, den nimmt GOtt auf, und was kann seliger sein, als ein solcher Mensch! Denn wer sich so GOtt, ohne alle Ausnahme ergibet, und in die Tiefe des göttlichen Wohlgefallens versenket, derselbige vergisset leicht alle Schrecken und Furcht, ja alles, was er um und in sich hat, ja auch sich selber; Er verlieret sich in sich selber und ist und lebet nur in Gott. O seliger Verlust! wenn der Mensch alle Geschöpfe, und sich selbst also verlieret, daß er nur GOtt finde! denn wer sich also verlieret, der verlieret alle äußerliche Zaghaftigkeit und Grämen; Ja er verlieret sich auch allen Teufeln, und allen Geschöpfen aus den Augen, und ist dargegen GOtt, und den heiligen Engeln, in Augen, Händen und im Herzen: Indem er GOtt zum Vergnügen, den Engeln zur Freude, den Teufeln zum Schrecken, allen Geschöpfen zum Wunder ist, und in sich selber von nichts mehr weiß, als von den Süßigkeiten der Hoffnung und Zuversicht zu GOtt.

Das X. Kapitel
Von den tröstlichen Vorteilen, welche aus einer völligen Ergebung an GOtt fließen.

Wie angenehm die Ergebung an GOTT.
Erwäget nur jemand die Worte GOttes: Selig ist der Mann, der auf den HErrn vertrauet, und dessen Zuversicht der HErr sein GOtt ist; denn der wird gleich sein einem Baum, der an den Wasserbächen gepflanzet ist, dem keine Hitze schadet, sondern er grünet immerdar, und träget seine Früchte; (Jer. 17, 7. 8.) der wird auch erkennen, daß GOtt einen ihme ergebenen Menschen, über alles, was in der Welt mag genennet werden, selig preiset: weil ein solcher kein Unglück mehr erfahren soll; dargegen aber soll er mit allerlei Segen, und zwar mit einem nach dem andern, grünen und blühen, hier zeitlich und dort ewiglich.

Sie sind über die Welt und Elemente.
Wer von GOtt in seine Vorsorge aufgenommen, der ist außer der Welt Gewalt, also, daß ihm kein Feind, kein Satan, kein Unglücks-Fall nicht schaden, noch ihn berühren kann, weil er weit über sie erhöhet ist, und auf einem sichern Felsen stehet. Wie dieses viele Exempel bestätigen, wie insgemein von der Kirchen, welche, ob sie gleich wie ein schwaches Schifflein auf dem wütenden Meere (nach dem menschlichen Begriff) in Gefahr schwebet: so haben sie doch bis dato, die listigen Nachstellungen der Feinde und Ketzer weder ersäufet, noch unterdrucket, noch umgestürzet; sondern alles, was auf sie losstürmet, wird sogleich zerschmettert, und sie fähret durch alle tobenden Wellen unverletzt hindurch. Also haben wir auch viele Exempel besonderer Heiligen Gottes, unter welchen zwar manche vielerlei Stürme überfallen; aber sie doch nach ihrem Willen nicht haben unterdrücken können. Die Ursach ist, weil GOtt diejenigen, die sich ihm ergeben, in seiner Hand bewahret, als sein teuerstes Kleinod, ja er behütet sie, als seinen Aug-Apfel. Welches kein Mensch nimmermehr sagen dürfte, wenn es GOtt nicht sagte, daß ein jeder Gläubiger als ein Kleinod GOttes und sein Augapfel sei. Aber so gar tröstlich redet unser ewig liebenswürdiger Erbarmer. Hag. 2, 24. Zach. 2, 8. Gleichwie demnach der Mensch sich seine Kleinodien nicht gern lässet nehmen, noch seine Augen lässet ausreißen; also lässet GOtt der HErr seine Heiligen sich nicht gern antasten. Ps. 105, 15. Siehe daher kommt es dann, daß weder das Wasser der Sündflut, noch das Sodomitische Feuer, noch Esaus mörderische Nachstellungen, noch Pharaons Schwert, noch das wütende Meer, noch Sauls Spione, noch der Jesebel Drohungen, noch des Nebucadnezars glühender Ofen, noch des Darii Löwen ihre Rachen, noch des Domitiani siedendes Öl etc. ohne, und wider seinen Willen ihnen nichts schaden können.

6. Sie leiden gern und loben GOtt dabei.
6) Muß denn aber ein GOtt ergebener doch etwas Widriges leiden, so leidet ers gern und mit Freuden, weil er weiß, daß dieses die Vater-Hand GOttes zu einem heilsamen Endzweck zuschicket. Denn selig ist der Mann, wie Jeremias in Klagliedern Cap. 3, 28. spricht, der die Trübsal erduldet; indem doch GOtt alles, was er mit seinen Auserwählten vornimmt, zu ihrem Besten richtet, und kann ihr Heil auf tausendfache Art befördern.
Derohalben liebet und lobet ein erleuchtetes Herze GOtt nicht weniger, wenn er es in Widerwärtigkeit prüfet, als wenn er es mit lauter Trost erquicket. Und das war daher die Ursach, daß David sprach: Ich will meinen Mund nicht auftun, denn du hast es getan, Ps. 39, 10. ingleichen Job, da er am höchsten den Feinden und dem Teufel selbst übergeben war, lobete er doch seinen GOtt. Und das ist auch, was der Apostel saget: Wir rühmen uns der Trübsalen, weil wir wissen, daß die Trübsal Geduld, Geduld Erfahrung, Erfahrung Hoffnung würket; Hoffnung aber läßt nicht zuschanden werden. Röm. 5, 3.

8. Wenn sie auch fallen ist es doch nicht zu ihrem Schaden.
Und wenn sie auch 8. etwa straucheln, so ist doch ihr Fall nicht zum Schaden, weil GOtt immer seine Hand unterleget, daß sie keinen schweren Fall tun, und wenn sie auch fallen, daß sie wieder aufstehen könnten. Davon haben wir viel Exempel an den Heiligen, wie sie gefallen, aber auch wieder aufgestanden, dieweil sie die rechte Hand des HErrn, worauf sie sich gelehnet, unterstützet. Gleich wie wir auch Exempel an den Gottlosen haben, daß sie gefallen und nicht wieder aufgestanden, weil niemand war, der sie wieder aufgerichtet hätte.
So fiel Cain, Saul, Achab, Judas, und keiner von ihnen stund wieder von seinem Fall auf; eben in diese Sünden aber fielen die Brüder Josephs, ingleichen David, Manasse etc. und diese sind von ihrem Fall wieder aufgerichtet worden. Demnach wer in GOtt stehet, der wird, ob er auch von einer Anfechtung überfallen würde, doch nicht gänzlich umgestürzet. O! was ist das für ein kräftiger Trost wider unsere Schwachheit! denn wenn wir nicht durch GOttes, sondern unsere eigene Kraft stünden, so möchten wir tausendmal hinfallen. Und daher saget Christus tröstlich: daß er diesen Befehl von seinem Vater erhalten, daß er nichts verliere von dem, was ihm der Vater gegeben hat, und daß ihm seine Schafe niemand aus seiner Hand reißen wird. Joh. 6, 39. Cap. 10, 28.

9. Endlich sterben sie fröhlich.
Endlich ist auch dieses ein herrlicher Nutzen, daß, da 9. der Tod fleischlich-gesinnten Menschen schrecklich ist, sie denselben in steter Bereitschaft ruhig und mit Freuden erwarten, und können sterben, wenn, wo, und wie es GOtt gefällt: Denn sie wissen, daß wie im Leben, also im Sterben, Christus ihr Gewinn ist, Phil. 1, 21. und sie mögen sterben oder leben, sie des HErrn sind, Röm. 14, 7. und daß sie weder Tod noch Leben, weder gegenwärtiges noch zukünftiges, könne von der Liebe GOttes scheiden, die in Christo JESU unserm HErrn ist. Röm. 8, 38. Es ist ihnen also einerlei, wenn der HErr befiehlet zu leben, oder wenn sie der HErr rufet zu sterben. Ja über dieses (was in der Welt unerhört) so haben sie mehr Lust und Verlangen von dem Leibe zu scheiden und bald bei dem HErrn zu sein. 2. Cor. 5, 8. Und also mag der Tod kommen wenn er will, so ist er bei ihnen ein erwünschter Gast; sie halten ihn auch für nichts anders, als für einen (GOTT gebe!) glücklichen Abschied von dieser Welt, und Eingang in die ewige, von ihnen längst gewünschte Freude. Und also sage ich nochmals: selig, und abermals selig sind diejenigen Menschen, welche sich aus den Verwirrungen, sowohl der Welt, als ihres eigenen Herzens, auswickeln, und in das Centrum der göttlichen Barmherzigkeit, durch Glauben und Vertrauen, eingedrungen; da sitzen sie denn so sicher, daß sie kein Sturm umstürzen, keine listigen Nachstellungen herauslocken, keine schrecklichen Drohungen herausjagen, keine schmeichelnden Lüste sie auszugehen reizen können; ja wo sie keine Furcht, kein Tod erreichen, und kein Satan erhaschen kann. Wie wohl ist solchen Seelen!
Text: „1. Kor. 5,8″.

Das XI. Kapitel
Wie und womit die Vernunft sich der Ergebung an GOtt widersetzet, und wie man dieses alles überwinden und von sich stoßen soll.
Dieses sind nun überaus tröstliche Sachen; aber dem ohngeachtet sperret und widersetzet sich unsere Vernunft, solange sie nicht vollkommen von der Wahrheit und Gewißheit derselben überzeuget wird, //und will immer lieber raten: daß der Mensch doch seinen Verstand und Willen nicht fahren lassen solle; aber man muß ihr dieses nicht einräumen, sondern sie vielmehr gefangen nehmen, und sie GOtt gehorsam zu sein, zwingen.

Einwürfe der Vernunft:
1. zweifelt sie ob GOtt ergebene so wohl versorget sind.
Denn da saget die elende Vernunft: Wer weiß, ob dem auch also sei, daß wer sich GOtt überläßt, so wohl versehen und versorget sei? Darauf aber antworte: Wenn einer unter allen, welche sich GOtt überlassen und ergeben, sollte zuschanden werden, so müßte solches geschehen, entweder weil es GOtt nicht gewußt, daß er sich ihm anbefohlen und ihme vertrauet; oder, daß er ihn nicht habe wollen in seinen Schutz nehmen; oder daß er ihn nicht habe gekonnt beschützen, oder endlich, daß er müde und überdrüssig worden, sich seiner anzunehmen. Allein alles dieses zu gedenken, ist Torheit. Denn wie sollte der GOtt Jacob<s> von ihm nicht wissen, dessen Augen alle Lande durchschauen, Zach. 4, 10. und stehen offen alle Wege der Menschen Kinder zu betrachten, Jer. 32, 19. Er schauet sich am meisten nach solchen um, die klug sind, und nach GOtt fragen, Ps. 14 <2> und siehet fleißig auf die, so ihn fürchten und auf seine Güte warten. Ps. 33, 15. Derohalben spricht Jeremias: Der HErr ist ein solcher, vor dem kein Ding verborgen sein kann. Jer. 32, 17 und Nahum: Der HErr ist gütig und erkennet die, so auf ihn hoffen. Cap. 7, 1. Text richtig: „1, 7.“
Sollte er denn aber nicht wollen? Er hat ja verheißen, wenn wir ihn in der Not anrufen, daß er uns wolle herausreißen, Ps. 50, 15. ja er ermahnet selbst: Wendet euch zu mir, daß ihr selig werdet aller Welt Ende, denn ich bin der starke GOtt und ist kein ander mehr. Es. <Jes.> 45, 21. Und so rufet die ganze Schrift und alle seine Werke: Daß er gütig und seine Barmherzigkeit in Ewigkeit währet; Er ist mitleidig und gütig gegen alle die ihn anrufen, Ps. 86,6. und daß er darum auf diejenigen sehe, die auf seine Güte warten, daß er sie vom Tode errette und ernähre in der teuren Zeit. Ps. 33, 19. Darum sagte der Prophet zu Hanan: Die Augen des HErrn durchschauen alle Lande, daß er seine Macht bei denen beweise, die zu ihm mit aufrichtigen Herzen schauen. 2. Chr. 16, 9. und Esaias: HErr du bewahrest den Menschen, welcher sich auf dich verläßt, im Frieden, <Jes. 26, 3> und Sirach spricht: Daß noch keiner von allen die den HErrn angerufen, jemals zuschanden worden. c. 2, 11. Sollte er denn aber nicht können? Ist denn jemals seine Hand verkürzet, daß sie nicht helfen könnte? Es. 59. Er ist je weises Herzens und stark an Kräften, welcher tun kann, was er will. Hiob 9, 4. Stehet er jemand bei, wer kann ihn abwenden? weil seine Seele, was sie nur will, leicht zustande bringet, und was sie sich vorgenommen, leicht ins Werk richtet. Hiob 23, 3. Dieweil seine Wahrheit um ihn rings umher, Ps. 98, 9. und unermeßliche Kraft ist immer bei ihm, also, daß auf sein Hauchen die Feinde fallen müssen, Sap. 11, 20. 21. Oder ist er veränderlich, daß er einmal sollte einen auf- und annehmen, und dann wieder verlassen? O das kann er nimmermehr tun! denn er ist der HErr, der sich nicht ändern kann; und daher kann es auch mit uns nicht gar aus sein. Mal. 3, 6. Ja auch durch unsere Untreue kann seine Treue nicht umgekehret werden. 2. Tim. 2, 13. Und daher ist gewiß, daß er seine Heiligen niemalen verläßt, sondern daß sie ewig in seiner Obhut bleiben. Ps. 37, 28.
Und stehet dieses fester, als Himmel und Erde, was so oft in der Schrift erschallet: Daß alle diejenigen selig sind, die auf ihn vertrauen.
Text: „Isai. 26, 3.“ Text: „59, 1.“ Text richtig: „23, 13.“ Text richtig: „89, 9.“
Im Text ist von einem Nichtkönnen keine Rede. Im Durchdenken der Pansophia als einem offenen Wissen begegnet Comenius später nicht dem „centrum nepohnutedlnosti“, sondern dem lebendigen Gott. Als Pansoph, dessen Wissen auf Gott hin offen ist, konnte sich Comenius im „Unum necessarium“ gegen den Vorwurf, daß all jene von ihm vertrauensselig aufgenommenen Prophezeiungen nicht eingetroffen seien, mit den Worten verteidigen: „Vielleicht ist es Gottes Ratschluß, seine Beschlüsse zu ändern.“ (S. vom Herausgeber: Die Pädagogik des J. A. Comenius, 1962, S. 191.)

2. spricht: Warum sind sie aber so elend?
Ferner wendet die Vernunft ein: Warum sind denn aber gemeiniglich diejenigen, welche sich GOtt ergeben, in der Welt so elend, daß man auch keine Vergeltung ihrer Tugend bei ihnen wahrnimmt? Und es sei offenbar, wer sich nicht selbst bemühet, dem komme von selbsten nichts.
Antw. sie sind nicht sondern es scheinet nur so.
Darauf antworte: Kommt es ihnen nicht von selbsten, so gibt ihnen GOtt alles, was sie bedürfen, ohne ihr ängstliches Bemühen, gleichsam als im Schlafe. Ps. 127. <v. 2> Allein das ist der Fehler, daß wir die rechten Gaben und Vergeltungen GOttes nicht erkennen, noch achten können; sehen nach dem Blei, anstatt des Goldes, und nach der Spreu, anstatt der Körner. Denn GOtt ist wahrhaftig so gerecht, daß er keinen seiner Diener ohnbelohnt lässet, sondern ihnen ihre Treue reichlich vergilt, also, daß man die himmlischen Vergeltungen überall bei denen, die ihm redlich dienen, die Hülle und die Fülle wahrnehmen kann; und wenn nur jemand dieselben recht schätzen könnte, so würde er ihm tausendmal lieber die Vergeltungen, welche GOtt heimlich, als welche die Welt mit großem Geschrei austeilet, erwählen. Denn ist nicht derjenige glückseliger, der mit dem, was er hat, wohl vergnügt sein kann; als ein nach Gold und Silber unersättlich trachtender Geizhals? und derjenige, welcher einfältig GOtt und seinem Worte trauet, ist ja wohl besser daran, als derjenige, welcher am tiefsinnigsten dawider disputieren kann? Wer seine Feinde mit Geduld überwindet, übertrifft ja wohl denjenigen, der den Sieg erst durch blutigen Kampf erringen muß? GOtt führet demnach die Seinen so, daß sie alles ohne Schall und Schein erhalten, was sie bedürfen; es ist auch einem Mäßigen die Enthaltung, einem Geduldigen seine Demut, einem Einfältigen seine Aufrichtigkeit tausendmal nützlicher, als andern ihre reichsten Schätze, angenehmsten Lüste, höchstes Ansehen, nebst aller ihrer fleischlichen Klugheit und Vorsichtigkeit immer sein kann. Denn nichts, nichts kann einem GOtt ergebenen Herzen fehlen.

3. Warum begegnet ihnen so viel Übels.
Ferner sagt die Vernunft: Es begegnet ihnen ja auch wie andern, viel Übels, und haben genung zu leiden.
Antw. 1. In der Welt kann es nicht anders sein.
Antwort: Wer sagt dieses, daß ihnen nichts Böses begegnet? In der Welt kann es ja nicht anders sein, weil wir hier im Rade, und daher werden wir immer hin und her beweget und gedrehet, und alles, was an- und um uns sich befindet, es sei nun Ehre, Gesundheit, Verstand etc, das wird mit uns zerrüttet; und weil dies gleichsam unser Rand ist, so stößt es leicht am ersten an, und wird verletzet.
Aber deswegen kann doch unser Centrum im Centro GOttes bleiben (das ist unser Herz kann bei aller dieser Unruhe und Zerrüttung doch in GOtt ruhen) gleichwie Christo, im Stande seiner Erniedrigung in der Welt, da er über sich klagen hörete, Lästerungen und Schmach erduldete, und nicht nur vielen Mangel, sondern auch erschreckliche Nachstellungen erfahren mußte, dieses alles nicht schaden konnte, denn er konnte dabei doch immer sagen: Ich bin im Vater, und der Vater ist in mir. Joh. 14, 14. Text richtig: „14, 11.“ Nicht allein aber hatte er in sich selber Friede, sondern zeigte auch andern, daß sie ihn aus ihm, als dem Brunnen des Friedens, erlangen könnten. Joh. 16, 36.

2. Und es ist so gut.
Dabei urteilen wir vom Leiden, als Menschen, und halten öfters für etwas Böses, was uns doch die allerheilsamste Arznei ist. Denn wir wählen uns nur immer was wohl schmecket; allein GOtt gibt, was uns nützlich ist. Und demnach ist nicht alles böse, was unsern Sinnen so scheinet; hingegen ist alles gut, was GOtt tut, und mit uns vornimmt.
Das vermeinte Glück, welches wir immer so gern wünschen und haben möchten, ist nach GOttes Urteil, keine heilsame Sache: denn es gibt nur einen eingebildeten Trost, und hat dagegen wahre und offenbare Gefahr bei sich, weil es die Menschen sicher machet, die Sicherheit aber machet sie stolz und hoffärtig, Hoffart aber bringt zum Fall. Und demnach ist es wie ein Gift, welches dem Munde zwar angenehm, aber den Leib tötet. Hingegen sind die widrigen Begebenheiten und betrübten Umstände wie Salz und Essig, die zwar scharf und beißig sind, aber der Fäule und Verwesung widerstehen. Verstehen wir es nun also nicht, zu was uns dieses oder jenes gut und heilsam sein möchte, so verstehet und weiß es GOtt welcher uns gewiß nichts verderben, versalzen, oder versäuern wird; wenn wir uns ihme nur überlassen. Dessen können wir ganz gewiß versichert sein.

3. Wir sind nur selbst schuld, wenn wir aus dem Centro weichen.
Endlich so sind wir oft selber an unserm Unglück und daß es uns übel gehet, mit unserm Unglauben schuld: denn wo sind die Menschen, welche es einfältig wagen, und betrachten wollten, was es auf sich habe, wenn GOtt spricht: Gib mir mein Sohn dein Herz? <Spr. 23, 26> Ingleichen: Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und hasse alles <Matth. 16, 24 u. a.>, oder auch: Wer etwas um meinetwillen verlieren wird, dem will ich es hundertfältig vergelten. <Luc. 9, 24> Wie gefährlich scheinet uns unverständigen Menschen auf dieses Spiel etwas dranzusetzen oder zu wagen; ein jeder hält das, was er hat; und will keiner das seine fahren lassen, wenn es auch der HErr tausendmal befiehlet. Und demnach, wenn wir nicht anders wollen, als uns selber ernähren, lehren, bewahren, erhöhen, und unsere eigenen Mittel und Wege hierzu erwählen; so läßt uns GOtt nach unserm Dünkel fahren. Allein dann stoßen wir dann bald hier bald da an, und richten bald diese bald wieder andere Verwirrungen, Kummer, Angst, Plage, Zerrüttung und Betrübnis, uns und andern, an, daß wir hernach weder aus noch ein wissen. Ist uns aber GOtt schuld daran?
Wenn Jonas nicht hätte wollen GOtt vorschreiben, sondern einfältig nach GOttes Befehl wäre einhergegangen, so hätte er sich nicht dürfen in die Tiefe des Meeres werfen lassen. < Jon. 1> Wenn der König Josaphat sich nicht mit dem gottlosen Achab in Gesellschaft eingelassen hätte, so hätte er hernach nicht dürfen so jämmerlich schreien und vor den Feinden fliehen. <2. Chr. 18, 31> Hätte sich Petrus nicht von den andern Jüngern losgerissen, nicht mehr sich vermessen, als in seinem Vermögen war, und nicht ohne Not das Schwert gezucket; so hätte er seinen Fürwitz nicht hernach so bitterlich beweinen müssen. <Joh. 13, 37. 38; Matth. 26, 51. 75>
Wenn David den Müßiggang gemieden und nicht an fremden Weibern seine Augen geweidet, Menschen-Blut höher geachtet, und sich nicht auf seine große Macht verlassen; so hätte nicht Achitophel, Absolom, der Würg-Engel und andere Plagen kommen müssen. <2. Sam.>
Summa: Wenn wir nicht still und demütig in unsrem Centro sitzen bleiben, sondern uns aus demselben zu uns selber und den Geschöpfen herauswenden, so ergreifen uns gleich allerlei Verwirrungen, die uns in mancherlei Unglück und Jammer stürzen.

4. Daß die Frommen mehr als andere leiden.
Hier aber wird die Vernunft wiederum sprechen: Müssen doch diejenigen, welche GOtt Vertrauen, die größte Gefahr ausstehen, und auf sie stürmt es immer am gewaltigsten; sie werden verjagt, gefangen genommen, um Hab und Gut, ja Leib und Leben gebracht, und mit der entsetzlichsten Marter beleget.
Antw. 1. Zum Himmel ist kein ander, als der schmale Weg.
Antwort: Es ist freilich wahr, weil sie GOtt auf dem schmalen Wege, und durch die enge Pforte, auf den weiten Raum der Ewigkeit führet; und daß mit allem Fleiß, damit keine anderen, als diejenigen, welche um GOttes willen alles wagen und dransetzen, dahingelangen möchten. Aber sie wandeln auf diesen schmalen Stegen doch allezeit getrost und fröhlich, so lange sie nur im Centro bleiben.

2. Denen sich Verleugnenden ist alles lieb.
Denn wenn ihnen gleich ihre zeitlichen Güter genommen werden, so fragen sie nichts darnach, weil sie ein ewig Gut und unvergängliche Schätze in sich selber haben. Sie wissen, daß alles was auf der Welt erlanget wird, auch auf der Welt kann verloren, und auch wieder erlanget werden; aber der Schatz, den man im Herzen hat, nämlich der Glaube zu GOtt und seiner Barmherzigkeit, sei das beste Teil, so von denen die es erwählen in Ewigkeit nicht soll genommen werden. Luc. 10, 42. Was willst du also dem nehmen, der ohne dem alles von sich wirft? Was willst du dem entziehen, der alles aus dem Herzen und Gedanken fahren läßt, damit er sich desto leichter desselben verzeihen könnte? Wohin willst du den verjagen, der überall, er mag auch unter dem Himmel sein wo er will, sich als ein Gast und Fremdling achtet, und nur um das ewige Vaterland sich bekümmert? Und was fragt der darnach, daß die Feinde morden oder wütend morden wollen, der dieses vergängliche Leben nichts achtet, und nur nach dem ewigen ein Verlangen träget; denn da er weiß, daß die Kirche durch das Blut der Märtyrer jemehr und mehr muß fruchtbar gemachet werden, so wendet er sein Leben (sollt es auch darüber ganz verlöschen) zu diesem heilsamen Endzweck gerne dran; damit er nicht nur von seinem Leben, sondern auch von seinem Tode, einen Nutzen hinter sich lasse. Daher sagt er mit dem weisen Epicteto: Me Anytus & Melitus occidere sane possunt, laedere vero non possunt. Das ist: Anytus und Melitus können mich zwar töten, aber sie können mir doch nicht schaden. Was haben die Feinde unserm Heilande geschadet, da sie ihn getötet? sie haben ihn nur zu der Krone der Herrlichkeit befördert, und seiner Gemeine zu der ewigen Erlösung geholfen. Und ebenso machen es diejenigen, welche seine Glieder töten.

3. GOtt legt so viel auf, als er Kräfte gibt.
Daß aber indessen auf diejenigen, welche am stärksten auf GOtt vertrauen, die stärksten Stürme und Wetter losgehen, geschiehet nach der Weisheit GOttes, welcher einem jeden so viel Kräfte darreichet, so groß als die Last ist, welche er ihm zugedacht; denen schwächern aber legt er auch weniger auf zu tragen.

4. Dadurch wird GOtt verherrlichet.
Dieses alles aber geschiehet, daß GOtt verherrlichet werde, wenn sie so oft in die Enge getrieben werden, daß sie an sich selber, wie andere an ihrem Leben zweifeln; wie Paulus gar schön schreibet: Ich will euch nicht verhalten, lieben Brüder, unsere Trübsal, die über uns in Asia kommen sind, da wir über Maße und Vermögen beschweret waren, also, daß wir auch schon an unserm Leben zweifelten, und bei uns selbst gedachten, wir müßten sterben, damit wir unser Vertrauen nicht auf uns selber, sondern auf GOtt, der auch die Toten lebendig machet, setzten: Welcher uns von solchen Verderben errettet hat, uns noch errettet, und hoffen, daß er uns auch künftig erretten wird, etc. 2. Cor. 1, 8.
Und demnach können die Feinde uns nicht töten, ja auch nicht einmal anrühren ohne GOttes Willen; sollten sie aber sich auch an uns machen, ja auch uns schon verschlingen, so kann uns doch GOtt von dem allen befreien.

Die Vernunft spricht: 5. GOtt tue keine Wunder mehr.
Die Vernunft sagt ferner: GOtt tut jetzt keine Wunder mehr, er wirft uns nichts vom Himmel herab; will jemand was haben, so muß er sich darum bemühen; will er der Gefahr entgehen, so muß er ausweichen; und dazu gehört überall Fleiß, Arbeit und große Vorsichtigkeit.
Antw. 1. Wir sollen sie auch nicht suchen.
Antw. Wer sagt denn aber, daß auf GOtt vertrauen so viel wäre, als Wunder von GOtt erwarten? Denn ein anders ist ja allerdings GOtt vertrauen, ein anders aber aus Steinen Brote haben wollen; oder vom Turm herunter springen, da man doch auf einer Treppe herunter gehen kann. Und hat doch Christus, da er auf Erden wandelte, denen Fürwitzigen und Verstockten zu Gefallen keine Wunder tun wollen; Matth. 12, 39. wie sollte er sie denn jetzt unserer Ungeduld zu gefallen tun?

2. Sind aber selbst schuld, daß sie GOtt nicht tut.
Daß aber jetzt keine Wunder geschehen, wer ist schuld daran? von den Jüngern stehet deutlich geschrieben: daß sie den bösen Geist nicht konnten wegen ihres Unglaubens austreiben; <Matth. 17, 20> und von denen zu Nazareth: daß Christus bei ihnen keine Wunder hätte tun können, ebenfalls wegen ihres Unglaubens. Marc. 6, 5. Sonst hat Christus verheißen: Wenn wir Glauben haben würden, so sollten wir Bäume und Berge von einem Orte auf den andern versetzen können, Matth. 17, 20. Mangelts denn also anjetzo Christo an Macht, oder uns am Glauben? Ach Christus ist noch immer derselbe bis in Ewigkeit, Ebr. 13, 8. aber wir, wir sind elende Ungläubige; wie sehr wir uns auch des Glaubens rühmen, sonderlich zu dieser Zeit. Wir glauben wohl, aber so lange und weit nichts wider die Vernunft läuft; wir vertrauen, wo keine Gefahr vorhanden. Wir lieben, wo uns niemand zu nahe tritt; Wir geben, wenn uns nichts abgehet; Wir sind zufrieden, wo alles nach unserm Willen gehet; wir leiden, wenn es nicht anders sein kann; wir wenden uns zu GOtt, wenn wir sehen, daß uns sonst nichts helfen kann noch will aus unserer Not; und das wohl noch nicht ohne viele Bedenklichkeit. Und GOtt soll uns Wunder tun? Es ist noch gut, daß er solche unnützen Gefäße nicht sogleich zerschmettert und aufreibet.

3. Indessen tut er sie wohl doch.
Aber geschehen dem ohngeachtet nicht doch Wunder? damit es doch fest dabei bleibe: daß unser Unglaube seine Treue doch nicht umstürzen kann. Denn sind das nicht Wunder, daß bei aller menschlichen Schwachheit, die Macht GOttes sich äußert? daß die Tauben hören, die Lahmen gehen, die Aussätzigen rein werden, die Toten aufstehen, und das Evangelium, wider den Willen aller Höllen-Pforten, doch verkündiget wird. Daß es den Tyrannen eher an Schwertern, Stricken, Feuer, Henkern, als den treuen Dienern GOttes an Eifer und Inbrunst; den Verführern eher an listigen Ränken und Anschlägen, als treuen Christen an Beständigkeit fehlet? Davon zeugen Exempel aller Zeiten, daß die Feinde eher müde werden, allerhand Marter listig auszudenken und anzutun, als die Gläubigen dieselben auszuhalten und zu ertragen; diese stehen immer fest und unbeweglich, jene aber kommen immer jämmerlich um. Was wollen wir also mehr für Wunder suchen? Zuletzt ist ja dieses über alle Wunder, daß GOtt seinen Lieben einen sanften Schlaf gibet, Ps. 127, 2. das ist, er machet, daß wenn sie gleich in allerlei Sturm und Wetter sich befinden, und alles untereinander gehet, sie doch freudig und getrost in GOtt sind; und GOtt tut auch im Schlaf für sie und bei ihnen was nötig ist, ohne ihr ängstliches Sorgen und Bemühen, da er die Gefahr von ihnen abwendet, und alles, was ihnen nötig (auch ofters ohne ihr Wissen und Hoffen) zuschicket. Davon haben wir ein Exempel an Adam, Elisa, David, Joseph, den Weisen aus Morgen-Land, dem Apostel Petro und andern, 1. Mos. 2, 37. 2. Kön. 6, 24. Ps. 3, 6. 7. Matth. 2, 12, 23 Act. 12, 8.
Im Text (übersetzt): „1. Mos. 2, 21 u. 37, 15. 2. Kön. 6, 14. Psalm 3, 6. 7. Matth. 2, v. 12. 13. Apg. 12. 6.“

6. Was zu tun, wenn alles wider unsere Vernunft gehet?
Endlich sagt die Vernunft: Was soll man denn nun tun, wenn alles so wunderlich und widersinnig gehet; die Mittel verlieren sich, die Hoffnung verschwindet, und man nichts sehen kann, worauf man sich verlassen könnte, ja alles verkehrt und verdreht gehet; alles einem einreißet und zerfällt? wie soll man da ruhigen Gemütes sein?Man muß GOtt die Ehre geben, welcher alles besser als wir verstehet, und also wider die Vernunft glauben und hoffen, da nichts zu hoffen ist.
Antwort: Es ist wahr, vieles geschiehet mit uns, was wider die Vernunft gehet, weil GOtt nicht nach unserm, sondern nach seinem Verstande alles regieret; wie dann auch seine Gedanken von unsern Gedanken, so weit als der Himmel von der Erden, entfernet sind. Obgleich unser Verstand sich selber nicht wenig gefällt und sich oft so erhebet, daß er sich auch der Weisheit GOttes widersetzet, und seine Werke meistert: Sollte aber GOtt nach unserm Sinne die Welt regieren, so würden noch tausendmal mehr Verwirrungen sein: denn alle verwirrten Händel, die unter dem Himmel sind, entstehen aus der elenden menschlichen Vernunft; und die Weisheit GOttes hat genung zu tun, sie alle auseinander zu wickeln und zu rechte zu bringen. Daher sahe dort Ezechiel die wunderbaren Räder, welche, ob sie gleich ineinander gefüget waren, doch auch mannigfältig auseinander gingen, sich von oben und unten bewegeten, und sich innerlich und äußerlich kehreten und wendeten. Er sahe auch darneben die Tiere und in ihnen den lebendigen Geist der Allmacht GOttes, der sie regierte. Doch aber sahe er sie also, wie aus seiner Beschreibung zu ersehen, daß er dieses Geheimnis nicht verstunde. Nichts destoweniger aber fiel er auf sein Angesicht und gab GOtt die Ehre. <Hes. 1, 5. 15. 26> Und so geziemete es auch uns, daß wenn wir die Werke GOttes nicht verstehen, (wir müssen aber wissen, daß alles was nur geschiehet, Werke GOttes sind) uns demütigen, und uns mit der Vernunft nicht drein mischen: Denn GOtt läßt es nicht allezeit merken, wohin er zielet, und wohin er uns führen will; gehet auch nicht allemal den graden Weg, sondern oft querfelds, und durch Umschweife, oftmals aber gehet er auch ganz rückwärts. Da muß denn nun unser Fürwitz verstummen, und sich ja nicht etwa gradere Wege suchen wollen, als es GOtt gefällig ist uns zu führen, dieweil dem lieben GOtt auch ein um das Rad gewickeltes Seil gnug gleich und grade ist. Oft scheinet es uns, daß wir uns verirren, und wir gehen doch am geradesten; daß wir stehen, und wir laufen; daß wir rückwärts gehen, und wir eilen zum Ziel; daß wir fallen, und siehe! wir stehen auf. Viele gehen durch Gefängnisse zur Krone, ob es gleich ein ungewöhnlicher Weg dazu zu gelangen; durch Verarmung zum Reichtum, durch Verachtung zur Verherrlichung. Was möchte die Vernunft sagen, daß Joseph verkauft, <1. Mos. 37, 28> Moses aufs Wasser geworfen, <2. Mos. 2, 3> Saul die verlorne Eselin gesucht, <1. Kön. 9, 3. 4> David so viele Jahre flüchtig sein müssen, <1. Sam. 19-24> Naeman aussätzig worden, <2. Kön. 5, 1> Manasse in Gefängnisse und Bande geraten, <2. Chron. 33, 12> Achior in des Holophernes Ungnade gefallen? <Jud. 6, 7> etc. Und siehe, wohin hat sie GOtt durch diese Wege geführet?
Hingegen wie hätte die Vernunft an dem Mutwillen der ersten Welt, <1. Mos. 6, 5> an des Goliaths Stärke, <1. Sam. 17, 4-7> an des Absaloms Schönheit, <2. Sam. 14, 25. 26> an des Hamans großem Ansehen, (Esther 3, 1> an dem Siege des Adonibeseks, <Richt. 1, 5> an der Weisheit des Achitophels <2. Sam. 15, 12> etc, nicht ein besonderes Gefallen gehabt? Aber siehe, was hat es mit allen diesen deswegen für einen Ausgang gewonnen?
Derohalben höre auf, lieber Mensch, zu klügeln, und befiehl lieber alles deinem GOtt, welcher über allen Begriff deines Verstandes, sowohl alle seine eigenen, als auch deine und anderer Dinge, schon geordnet, und die nur nach seinem Befehl gehen müssen, und sich nach deinem Verstande nicht richten werden. Und demnach gib GOtt die Ehre, daß er mehr, als du verstehe. Denn die Weisheit ist vor allen Kreaturen verborgen, und GOtt allein verstehet nur ihre Wege, und weiß auch nur allein ihren Ort; zu dem Menschen aber hat er gesagt: die Furcht des HErrn ist deine Weisheit und dein Verstand, daß du vom Bösen weichest. Hiob 28, 21. 23. 28.

Das XII. Kapitel
Von den Pflichten und Kennzeichen GOTT gänzlich ergebener Herzen.

Gleichwie in andern Stücken der Gottseligkeit unser eiteler Sinn gern Falschheit treibet, und anstatt der Wahrheit sich mit Heuchelei behilft: Also geschiehets auch in dieser Ergebung an GOtt, daß wir uns denn vielmal mit Mund und Lippen zu GOtt nahen, das Herz aber bleibet weit von ihm entfernet; und wenn es ja auch bis zu GOtt kommt, so tritt es doch nicht in seine Gemeinschaft, und zwar darum, weil es allzusehr an sich selber hänget, und sich und die Geschöpfe nicht verlassen will. Aber wen betrügen wir hiermit? GOtt gewiß nicht, als der selbst in sich unwandelbar bleibet, was er ist, es mag nun in ihm irgend ein Geschöpf ruhen oder nicht; sondern wir selbst berauben uns nur des Friedens, welchen wir innerlich in GOtt genießen könnten.

Unbetrügliche Kennzeichen der GOtt ergebenen:
Derowegen hat ein jeglicher sich wohl vorzusehen, daß er rechtschaffen in der Wahrheit GOttes gegründet, und derselben ganz ergeben sei, so, daß er nichts von sich, weder sich selbst, noch andern Geschöpfen lasse. Um welcher Ursach willen wir denn jetzt sehen wollen: was es eigentlich für eine Bewandnis und Beschaffenheit mit den wahrhaftig GOtt ergebenen habe? Damit ein jeglicher sich nach diesen Kennzeichen prüfen, und daraus, als aus einem Spiegel, seine Pflicht, worinne er sich befinden soll, erkennen könne.

1. Beständiger Umgang mit GOTT.
Zuerst ist ein solcher GOtt ergebener Mensch mehr im Himmel, als auf Erden, und gehet mehr mit GOtt, als mit Menschen um. Er wohnet zwar noch im Leibe und in der Welt, allein weil er weder in dem einen, noch in dem andern sein Belieben hat, so klebet er hier an nichts. Denn im Leibe ist er, als in seiner auf eine Zeit ihme dargelehnten Hütte, welche er denn auch in acht nimmt, verbessert, flicket, stützet, decket, bloß zur Notdurft, nicht aber zum Überfluß, damit er nur so lang es GOtt gefällt, darinne ruhig seinen Aufenthalt haben könnte.
In der Welt aber befindet er sich, als auf dem Kampf-Platz, worauf er von GOtt gestellet worden, und siehet sich immer um, so ihme etwa listig nachgestellet wird, und streitet tapfer wider den Teufel und andere Feinde, (suchet dabei nicht das Fleisch und seine Gemächlichkeit, sondern die Festung des guten Gewissens zu erhalten und zu bewahren seine eigentliche liebe Heimat und Wohnung ist im Himmel, allwo er sein Bürger-Recht und Güter hat. Und das ist, was David saget: Mein GOtt, ich halte mich immer zu dir, denn du erhältst mich bei meiner rechten Hand; wen hab ich außer dir im Himmel? und auf Erden hab ich auch in keinem, als in dir, mein Vergnügen; und wenn gleich mein Leib und Seele verschmachten, so bist du doch mein Teil bis in Ewigkeit. Ps. 73, 23.

2. Genaue Prüfung der Wahrheit und des Willens GOttes.
Zum andern bekümmert er sich am allermeisten, daß er den Willen GOttes und die rechte Ordnung in allen Dingen erkenne, und daß er wisse, woran er sich unverrückt halten könne; Denn er kann nicht leiden, daß seine Worte und Sachen auf Ungewißheit, (das ist auf Einbildung, oder anderer Exempel, oder auch auf eigene, oder anderer Gefälligkeit, oder auf hergebrachte Gewohnheit, sich gründen sollten;) sondern er sucht jederzeit und in allem gewissen Grund, damit er bei allen Dingen wisse und erkenne, was die Ordnung der Natur, was seine Pflicht, was das Gewissen, was das Gebot der Liebe etc. mit sich bringet, oder nicht? und daß er sich darnach richte. Und weil er bei einer jeden Sache, so viel die menschliche Unvollkommenheit zulässet, diesen Grund hat: so stehet er auch fest darauf, und weichet davon nicht, wenn ihn auch alle Welt mit Gewalt davon abtreiben, oder mit List ablocken wollte. Und so bauet er immer auf den Felsen, und niemals auf den Sand: Denn die Wahrheit ist eine Grund-Feste aller seiner Werke, Worte und Gedanken. Dieses ist denn auch, was sich David wünschet: Gib mir HErr, daß ich wandeln möge in deiner Wahrheit, und lehre mich. Ps. 40, 12. Item: Laß deine Gnade und Wahrheit mich behüten. Und das ist, was wir auch noch bis dato an vielen Exempeln GOtt gänzlich ergebener Herzen sehen können.
Im Text nochmals: „Zalm 40,2“.

3. Verbindet sich mit GOtt und dem Gewissen.
Ein solcher macht sich, zum dritten, kein Gesetz, weder aus sich selber noch aus andern, daß er ihnen, oder sich selber zu gefallen etwas tue oder unterlasse; sondern läßt sich nur <an> GOtt und seinen Willen binden, und sucht niemand zu gefallen, als GOtt allein, weil er weiß, daß ihme an ihm nur allein gelegen..
Was die zeitlichen Güter? Denn liebet jemand Güter, so hat er, wenn er sie suchet, nichts als Mühe und Gefahr; so lang er sie besitzet, Arbeit und Kummer; wenn er sie aber verlieret, Schmerz, und Verzweifelung. Die zeitlichen Güter sind ein Leim, die Augen zu fangen, ein Pech, welches das Herz beflecket, ein Fallstrick der Seelen, eine schwere Bürde des Leibes, ein Verräter und Henker des eigenen Herren.

Was die Ehre?
Liebest du aber zeitliche Ehre, daß du andern vorgezogen werdest oder sonst angesehen seist: so hast du nichts davon, als daß du dir Haß und Neid auf den Hals ziehest, und der Leute Zungen dich zum Ziel aufstellest; es ist diese Ehre nur ein leichter Dampf, und gefährlicher Kampf: Denn begegnet dir dabei was Menschliches, so wirst du desto mehr der Leute Spott und Hohn-Gelächter.

Was die Lüste?
Willst du dich an fleischlicher Lust ergötzen, was wirst du davon haben als eine bittere Süßigkeit, ein verzuckert Gift, eine fröhliche Torheit, ein Rost des Gemütes, ein Grab der Seelen, eine Seuche des Leibes, und in Summa, eine Rüst-Kammer alles Übels; das Ende aber davon ist allezeit: Verdruß, Schande und Verderben.

Was die weltliche Weisheit?
Hast du dein Belieben an weltlicher Weisheit und tiefer Erkenntnis, so ist das nichts anders, als ein verwirrtes Labyrinth, eine Marter des Gehirnes, eine Falle des Gemüts, und ein Lohn, der die angewendete Müh und Arbeit nicht bezahlet. Dabei ist sie noch ein Grund des Hochmuts, Neides, Zankes, und vieler Greuel, die daher entstehen.

Was Menschen Gunst?
Hast du dein Gefallen an Gunst der Obern, was ist das anders als April- Wetter? und kann dir ein Sturm eines unglücklichen Zufalles diesen Trost zerstäuben, und ein einziges unbedachtsames Wort dieselbe sehr versalzen.
Der gehet auf den Gipfeln der Häuser, sagt Sirach, <Sir. 13, 2> und ist, als wenn ein tönerner Topf mit einem küpfernen spielen wollte, wer mit einem Mächtigern, als er ist, vertrauliche Gemeinschaft pfleget. Und darum strebet ein GOtt ergebener Mensch nicht nach solchen Sachen, sondern hütet sich mit David für allzu hohen Dingen; Hingegen ist er gern mit den geringsten Umständen zufrieden, worein ihn die Vorsorge GOttes gesetzet hat, (wie ein entwöhntes Kind, Ps. 131. <v. 2>) daher er auch mit Agur betet: daß ihn GOtt für Überfluß bewahren, und ihm nur die Notdurft darreichen möchte. Spr.30, 8.

6. Ist abgehärtet zum Leiden.
Daher wehret er sich auch sechstens nicht so für widrigen Dingen, wie die Welt-Menschen, als welche sich dafür fürchten, wenn sie noch ferne sind (denn er weiß, daß sie ihm GOtt nicht anders, als zu seinem Besten zuschicket;) oder wenn sie gegenwärtig, dafür erzittern; weil er weiß, daß, wenn er nur darinne geübet sein wird, sich davon angenehme Früchte der Gerechtigkeit zeigen werden. Ebr. 12, 11. Er leidet demnach alles, was GOtt auferleget, es mag auch herkommen, woher es wolle: und zwar leidet er es gutwillig: denn derjenige ist noch nicht recht geduldig, wer sich das Kreuz selbst wählen, und nur, was ihm gefällt, und so lang es ihm gefällt, und von wem es ihm gefällt, leiden will.
Das Gemüt muß in GOtt befestiget und gleichsam abgehärtet werden, daß es ihm zu Ehren alles, was er nur zuschicket, annehme. Und zwar, dieweil unsere Ruhe, die wir in GOtt haben und genießen, mehr in geduldiger Ertragung unseres Elendes bestehet, als daß wir dasselbe nicht empfinden sollten. Wer am besten dulden kann, der hat auch den besten Frieden. Und ist ein solcher, ein Mensch, welcher das Paradies auf Erden gefunden: Denn je geduldiger einer leidet; je mehr und deutlicher ist er ein Überwinder sein<er> selbst, ein Herr der Welt, Christi Freund, ein Erbe des Himmels. Denn Christus hat also den Frieden gelehret suchen, und ihm nachjagen: wenn wir diejenigen, die uns schlagen, das Angesicht darbieten; denen, die uns das Kleid nehmen wollen, auch den Mantel lassen; denen die uns nötigen eine Meile mit ihnen zu gehen, noch eine zugeben; wenn wir die Feinde lieben, und denen, die uns hassen, wohl tun, und für die Verfolger beten, Matth. 6, 39. <-43>. Text: »5, 39.“

7. Beständig in der Versuchung.
Ferner ist derjenige, welcher Christum anziehet (zum siebenten) auch in allen Anfechtungen unbeweglich: Denn er weiß, daß es GOtt ist, der ihn durch solche Enge und Klemme führet, und daher geht er grade hindurch, ohne, daß er sich umsehen, oder hin und her wenden möchte. Die Welt mag rufen, schreien, drohen, verheißen, schlagen, streicheln, schelten, bitten etc. so richtet sie damit bei ihm nichts aus, und kann weder durch Bitten, noch Schrecken, noch Schlagen, etwas erhalten. Man sollte auch nicht meinen, daß es möglich sei, daß solche Leute anzutreffen wären, wenn man sie nicht sehen möchte, und die Welt selbst (da sie sie als verhärtete Ketzer ausschreiet) davon Zeugnis geben müßte. Und dieses ist erst die rechte christliche Standhaftigkeit, die weder dem Feuer, noch Wasser weichet. Aber wo bist du von uns hinkommen, du christliche Tapferkeit! meistenteils machen wir es jetzt, wie im Anfang die ersten Jünger Christi; Es gibt zwar noch genung Johannes und Jacobos, die gern mit Christo in seinem Reiche sitzen wollen, und sich dazu angeben; <Matth. 19, 28> allein wenn ihnen der bittere Kreuzes-Kelch vorgesetzet wird, daß sie denselben trinken sollen, so winden und krümmen sie sich, zittern, beben und weichen zurücke <Matth. 20, 22>. Ja wenn sie auch aus Gewohnheit, und Schande halber zusagen, daß sie ihn trinken wollen, so prellen sie doch wohl hernach zurücke, wenn ihnen der HErr zutrinken will, und kriechen zurücke <Matth. 26, 56>. Die übrigen aber fast alle, bleiben bei dem HErrn, so lange als er das Brot bricht; und siehet man zu solcher Zeit den einen willig dienen, den andern was nötig einkaufen, den dritten in seinem Schoße ruhen, den vierten höret man schwören, daß er ihn nicht verlassen wolle, und die übrigen: HErr bin ichs? HErr bin ichs? fragen. <Matth. 26, 22> Wenn es aber hernach ans Leiden gehet und man anfängt zu fangen, zu binden, zu verspeien, zu geißeln und ans Kreuz zu schlagen: so verlieren sich alle und zerstieben hin und her; verwundern sich über GOttes schnelles Urteil, und sagen, daß sie sich dergleichen nicht versehen hätten; ja weinen und heulen über GOttes Zorn.
Was ist nun schuld daran, als, daß das Herz nicht befestiget, und GOtt gänzlich ergeben gewesen? und daß mehr Einbildung und eiteler Ruhm, als Wahrheit bei ihnen gewesen, wenn sie sich heraus gelassen: Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolget. Matth. 19, 23. Text richtig: „19, 27.“
Und haben wir hierinne ein Bild von uns allen; denn so können wir auch (nämlich mit dem Munde allein) von Christo lernen, und sein Joch auf uns nehmen: Wenn uns Christus will still, demütig, gehorsam, mühselig, gekreuziget (denn im Kreuze müssen wir ihm sonderlich ähnlich werden) weinend und leidtragend haben; so willigen wir in dieses alles gar leichtlich ein. Aber wie? Wir wollten wohl demütig sein; aber ohne Verachtung; arm, ohne Mangel; gehorsam, ohne Beschämung; arbeitsam (mühselig) ohne Schweiß; geduldig, ohne Leiden: und also Kreuz, ohne Kreuzigung haben; weinen, ohne Tränen? uns betrüben, ohne Schmerzen. Was wird aber endlich aus dem allen werden und sein? Nichts anders, als Schein ohne Sein eine Larve und Schminke ohne Realitaet. Denn weil wir also von Christo nicht recht lernen wollen, so finden wir auch in ihme nicht wahrhaftig Ruhe für unsere Seelen; weil wir uns an und zu ihm nicht von ganzem Herzen halten, so kann auch sein Friede nicht gänzlich in unsern Herzen bleiben. O daß wir klug sein und dieses bedenken wollten!

8. Allezeit getrost und zuversichtlich.
Ihre achte Tugend aber ist ihre Freudigkeit und Zuversicht in GOtt: Daher sie auch überall, wo es nur GOtt befiehlet, es mag gleich ins Wasser, oder Feuer sein, ohne viele Bedenklichkeit gehen. Und warum sollten sie nicht gehen, da GOtt vor ihnen gehet? und sie wissen, daß weil sie sich ihm mit ewigem Rechte übergeben, sie auch ewig in seiner Obhut und Vorsorge sind; und weil derjenige allmächtig ist, dessen Hand sie bedecket, so wissen sie, daß alle Elemente, und der Abgrund selbst, GOtt und ihnen eher weichen müssen, ehe ihnen und ihrem Heil etwas Widriges begegnen sollte.
Es mag sich also fürm Feuer, Schwert, Wasser, Tode fürchten, welcher den HErrn, der über Feuer, Schwert, Wasser, Tod, Gewalt hat, nicht erkennet, noch bei sich hat; wem aber derselbe eine Burg zu sein sich verpfändet und verschworen hat, den werden wohl umsonst die Feinde schrecken oder bestürmen. Und dieses ist für uns, die wir Christo angehören ein Trost, der alle Welt übertrifft. Es mögen alle Winde des Abgrundes stürmen, was gehet uns das an? Wenn nur der bei uns ist, der dem Wind und Meer befehlen kann; ob er gleich zuweilen scheinet zu schlummern. Matth. 8, 26.
Es mag sich vor uns die Tiefe des Meeres öffnen, und Pharao uns hineintreiben, was ist daran gelegen? Wenn nur die Bundes-Lade vor uns gehet und die
Wolken-Säule seiner brünstigen Liebe, hinter uns stehet. 2. Mos. 14.
Es mögen uns der Feinde Heer umgeben, und uns von allen Seiten anfallen, was fragen wir darnach? Derer die bei uns sind, ist mehr, als derer, die wider uns sind. 2. Kön. 6, 16. Warum sollt ich nicht, wenn es der HErr befiehlet mit Petro auf dem Meere gehen? ich weiß, daß ich nicht untersinken werde. Matth. 14, 28. Ja warum sollte ich nicht mit Jonas bis auf den Boden des Meeres sinken, wenn es der HErr haben wollte? Ich weiß, daß er mächtig genug ist, mich zu bewahren, daß ich nicht umkommen möchte. Jon. 2. und 3. Warum sollte ich mit den drei Jünglingen nicht in den feurigen Ofen gehen, wenn ich bei der guten Sache meines GOttes stehe? ich weiß, daß er mich herausreißen kann, und wenn er es auch nicht tun wollte, so bin ich doch schuldig ihme treu zu sein. Dan. 3, 12. Warum sollte ich mich für der Löwen-Grube fürchten, wenn der Engel des HErrn bei mir ist, welcher den Löwen den Rachen zuhalten kann? Dan. 6, 21. Warum sollte ich Bedenken tragen, oder mich fürchten, in ein Basilisken-Loch zu greifen, und mit grausamen Tieren zu kämpfen, wenn es mein GOtt und meine Pflicht erfordert? Jes. 11, 8. 2. Cor. 13, 32. Warum sollte ich nicht meine Füße mit Petro in Stock legen lassen, und dabei sanfte schlafen; da ja GOtt noch Engel hat, die mich erretten können? Ap. G. 12, 6.
Summa: Was will mir Saul, Achab, Jesebel, Antioch, oder Nero tun? Haben doch nicht sie, sondern mein Schöpfer meinem Leben das Ziel gesetzet, welches ich selbst nicht überschreiten, noch ein ander mir, weder abkürzen, noch verlängern kann; Denn in seinen, und nicht in ihren Händen, ist meines Lebens Odem. Wer kann mir demnach ohne seinen Willen ein Haar auf meinem Haupte krümmen? Matth. 10, 30.
Aber o wir Untreuen! die wir vor der Zeit so zaghaftig sind, und uns zwar auf GOttes Befehl, den Leuten unter die Augen stellen wollten, wenn sie uns nur nicht droheten; uns ins Wasser begeben möchten, wenn es nur nicht tief wäre; durchs Feuer hindurch springen wollten, wenn uns nur jemand gut dafür sein möchte, daß es nicht brennen, und daß wir darinne unbeschädigt bleiben würden. Und also überlassen wir GOtt nichts ohne Ausnahme. O unseres Unverstandes! Einem vermeinten guten Menschen glauben wir oft, auf sein bloßes Wort, mancherlei; und GOtt, welcher der allerbeste, und die Wahrheit selbst ist, wollen wir auch auf viele, und noch mit vielen Eidschwüren und Exempeln bekräftigte Verheißungen nicht glauben; und sollte er uns wohl bei einer jeden Sache von neuem vom Himmel versprechen, und einen Eidschwur tun müssen.
O Gott bewahre für solchem verkehrten Wesen! und gib uns ein gläubiges und zuversichtliches Herz zu dir! damit wir einfältig auf dein Wort durch Feuer und Wasser dir nachgehen. Denn wenn es sich auch zum Tode anließe, so wird der Ausgang doch ganz gewiß zum Leben sein: Weil doch deinem Gericht niemand entgehen kann.
Text richtig: „3, 17.“ Text: „6, 22.“ Text: „1. Kor. 15, 32.“

9. Ist jederzeit mit Gott und dem Nächsten vereiniget.

Kapitel XII
13. Nur an ewigen Dingen sich vergnügen.
Daraus folget noch dieses zuletzt, und (zum dreizehnten) was wir zu singen pflegen: Ihnen schmeckt nicht mehr was zeitlich, sondern was ewig ist. Jes. 20. Denn sie sehen und erkennen, daß alles was hier auf der Welt sich befindet, alles vergänglich ist, wenn es auch das Herrlichste und Tröstlichste wäre, so bald es sein Ziel erreicht, so vergehet, verschwindet, und eilt es vorbei, wie ein schneller Strom. Was wollte er sich denn also hier versprechen, da er siehet, daß ihm nichts beständig bleibet? und da er selbst nur eine kleine Weile bleiben kann. Und was sollte er im Gegenteil hier fürchten, da ein jeder Schrecken nur als ein Blitz vorbei gehet, und wobei er Hoffnung hat jeden Augenblick aller Gefahr zu entspringen. Ein solcher Mensch findet nichts, ja gar nichts wornach er verlangen oder weswegen er sich grämen sollte, wenn es nicht die Ewigkeit ist. Aber die Ewigkeit, die unendliche Ewigkeit allein, scheinet ihm würdig, daß er darauf gedenke, sich darum bemühe, und ihre Freude zu erlangen, sich gern aller zeitlichen Freude verzeihe; hingegen jener Pein zu entgehen, hier gern alle Pein über sich nehme; gehet ihr daher auch gern entgegen, wenn der Tod anklopfet und spricht; Welt gehab dich wohl; ich scheide von dir, und eile in die Ewigkeit. Wohl dem, der diese Stufen gehet, und so aus der Welt abscheidet!

Das XIII. Kapitel
Von den Mitteln, sich in dem Centro der göttlichen Barmherzigkeit zu bewahren.

Es ist gewißlich wahr, was der Psalm spricht: Der HErr verläßt seine Heiligen niemals; ewiglich werden sie von ihm bewahret, Ps. 37, 28. Aber es ist dabei auch nötig, daß wir nur den HErrn nicht verlassen, sondern uns seiner Aufsicht nicht entschlagen, damit es wie an ihm, also auch an uns nicht fehle. Sonst läßt sich GOtt hören, wie dort, 2. Chron. 12, 5. c. 24, 29: Weil ihr mich verlassen habt, so will ich euch auch verlassen. Und demnach soll unsere größte und meiste Sorge auf dieser Welt sein, daß, wenn wir uns einmal GOtt ergeben haben, auch so dann GOttes sein und bleiben, und uns aus dem Centro göttlicher Barmherzigkeit, in welches wir einmal gekommen, durch nichts heraustreiben lassen. Uns darinne aber zu bewahren, sind drei Wächter, nämlich die Wachsamkeit, Demut und Gebet.

Drei Wächter unsers Herzens.

1. Die Wachsamkeit.
1) Beständige Wachsamkeit ist sehr nötig, weil wir sehr unbeständige und flatterhafte Kreaturen sind, unser Feind der Teufel aber gehet Tag und Nacht herum und ist auf sonst nichts bedacht, als wie er uns aus dem Centro göttlicher Barmherzigkeit heraus treiben, oder heraus locken möge. Daher der heilige Geist ermahnet, daß wir ihm starken Widerstand tun sollen im Glauben 2. Pet. 5. denn es ist gefährlich schlafen wollen, oder schlummern, wenn der Feind zu Felde liegt, sich rüstet, Lärm bläset, und stürmet. Hierbei ist Gottes wunderbare Weisheit, daß er verheißen, uns fürm Teufel zu bewahren, ob er ihm gleich oft zulässet uns anzufallen und zu bestreiten: denn damit will er uns nur zur Munterkeit erwecken, und daß wir uns tapfer halten sollen. Sintemal es der Weisheit GOttes zwar nicht gefallen, daß seine Gnade und die himmlischen Erquickungen ein Lohn menschlicher Verdienste sein sollten; sondern er gibt alles, auch seinen Heiligen, umsonst; aber er will dennoch dabei, daß ein jeder das, was ihm aus Gnaden geschenket worden, sich auch mit Fleiß in acht nehmen und bewahren möge. Denn wenn gleich einer mit Paulo bis in den dritten Himmel entzücket wäre, so will ihn doch der HErr um deswillen nicht von Versuchung befreiet sein und sicher hingehen lassen. Es heißt: Ich will ihm zeigen, wie viel er um meines Namens willen leiden soll, Ap. G. 6, 16. Siehe demnach, es muß derjenige, welchen der HErr zu seinem besondern Diener erwählet, leiden.

Worinne sie bestehe?
Er leidet aber nicht als ein Klotz, sondern Wachsamkeit, Fasten, Geduld, und andere Waffen der Gerechtigkeit, muß er dabei zur Rechten und Linken gebrauchen, 2. Cor. 6, 5. Das ist, wie der Apostel an sich selbst ein Exempel zeiget, er muß nicht dafür halten, als wenn er schon im Himmel wäre, sondern angelegentlich laufen, und zusehen, daß er das Ziel nicht verfehle. Phil. 3, 12. 1. Cor. 9, 24. etc. Text: „1. Petr. 5, 9.“ Text: „2. Kor. 6, 5. 7.“
Sollte er aber dabei zuweilen in seinem Eifer und Munterkeit matt werden und schlummern: so muß er sich wieder ermannen und erwecken, damit er nur nicht gar einschlafe; und daher alle Tage den Vorsatz erneuern, daß er nicht wolle sein eigen, sondern GOttes sein; wollten und sollten auch dabei Verstand und Wille, ja auch Leib und Leben zu Grunde gehen. Anbei aber bleibt er in der Ordnung, die GOtt in seiner Kirchen gemachet, stehen; verläßt keine verordnete Hülfs- und Gnaden-Mittel, damit er in der Tat und mit Fleiß GOtt und Menschen seine Pflicht leisten, und, so viel nur immer möglich, ein gutes und unbeflecktes Gewissen bewahren könne.

2. Die Demut, warum sie nötig sei.
Dazu aber ist hier noch eine tiefe Demütigung vonnöten, daß der Mensch seinen Kräften nichts zuschreibe, sondern sich für Staub und Asche, die leicht können weggeblasen werden, halte. Und daher saget ein jeglicher mit Jeremia: Ich weiß HErr, daß des Menschen Weg nicht stehet in seiner Macht, wie er wandeln soll, Jer. 20, 23. Denn alle Menschen sind eitel und hinfällig, wie fest sie auch meinen zu stehen. Ps. 39, 6. Wie eine hinfallende Wand, die leicht umgeworfen wird. Ps. 62, 4. Wenn demnach auch einer englische Gaben oder andere Vollkommenheiten zu haben vermeinte, so soll er sich doch selbst für nichts halten: Denn er ist doch in der Wahrheit ein Sünder, und ganz unwert desjenigen, was er aus Gnaden hat, und welches er nur noch in sich auf mancherlei Art beflecket, daß er auch wohl um deswillen, wenn GOtt wollte, könnte verdammt werden. Und also bleibet ihm nichts, weswegen er sich erheben; vieles aber wohl, warum er sich schämen und zu schanden werden, ja zittern und beben sollte. Daher sagt Salomo: Wohl dem, der sich allewege fürchtet. Spr. 28, 14. Dieweil ein jeglicher Mensch schwächer, als man es aussprechen kann, ist auch nicht zu bewundern, daß wir alle fallen; sondern das ist vielmehr zu bewundern, daß wir nicht gar bis in den tiefsten Abgrund von dem Angesichte GOttes stürzen und versinken. Aber daß dieses nicht geschieht, macht die Gnade GOttes, die uns doch noch zugegen; die GOtt aber keinem schuldig zu erteilen, sondern <er> gibt sie frei, wem er will; zu einem andern aber sagt er: Was gehet dich das an? Oder habe ich nicht Macht mit dem Meinen zu tun, was ich will? Matth. 20, 15. Denn wer hat ihm was geraten? wer hat ihm zuvor etwas gegeben? daß er schuldig wäre ihme etwas wieder zu vergelten. Röm. 11, 35. Derowegen als Hiob von seinen Leiden, Schwachheit und Unwürdigkeit redete, sprach er: Wenn ich auch gerecht wäre, so will ich mich doch mit GOtt nicht einlassen, sondern lieber vor ihm, meinem Richter, mich demütigen. c. 9, 15.

Wer die Demut fahren lässet, strauchelt gleich.
Es sind aber noch immer solche, welche ihre um GOttes willen angewandte Mühe, und ausgestandene Gefahr nur gar zu hoch schätzen, wie dort die Jünger Matth. 19, 27. oder die hernach ihren Kräften gar zu viel zutrauen, wie David Ps. 30, 7. oder doch an ihrem guten Vorsatz sich gar zu sehr gefallen, wie Petrus, Joh. 13, 38. oder von GOtt verlangen, daß er ihnen hohe Geheimnisse offenbare, weil sie sich selbst viel mehr, als andern zuschreiben, wie Esra c. 4, 4.
Aber alle solche lässet GOtt hernach straucheln, irren und in Angst und Not geraten, wie vielen Heiligen unzählig mal geschehen, und das darum, daß sie ihre Unvollkommenheit und Hinfälligkeit mit Tränen erkennen, und ins künftige ihre Seligkeit mit Furcht und Zittern vollenden lernen. Denn GOtt kann ohnmöglich leiden, daß sich vor ihm irgend ein Fleisch rühme. 2. Cor. 1, 2. 9
Deswegen gibt der Geist GOttes den Rat: daß derjenige, welcher vermeinet zu stehen, zusehen soll, daß er nicht falle. 2. Cor. 10, 29. <1. Kor. 10, 12> Ingleichen: Sei nicht stolz, sondern fürchte dich. Rom. 11, 20. weil GOtt den Hoffärtigen widerstehet, aber den Demütigen seine Gnade gibet. 2. Pet. 5, 3.
Text: „1. Kor. 10, 12.“ Im Text: „2. Kor. 10, 22.“ (10, 12). Text: „Rim. 11-20.“
Text richtig: „1. Petr. 5, 5.“

3. Das Gebet ist nötig.
Endlich ist auch ein anhaltendes Gebet zu GOtt sehr nötig. Denn weil wir nur arme und elende Bettler sind, die nichts haben, als was ihnen GOtt aus Gnaden zuwirft, so sollen wir uns nicht schämen, und auch nicht faul sein, vor der Tür seiner Gnaden immer zu stehen, die Hände zu winden und zu bitten, auf unserm Angesicht zu liegen, und auf ihn zu warten. Sonst wo wir das nicht tun, so nimmt alles bei uns ab und verschwindet.
Ein Exempel dessen haben wir an uns selber beim Gebrauch des Tages- Lichtes. Denn wenn die Sonne, welche zu dem Ende erschaffen, daß von ihr unser Leben erleuchtet und erwärmet werde, in ihrem Glanz vor unsern Augen stehet, so wandeln wir fröhlich in ihrem Lichte; aber wenn zwischen uns und dieselbe eine finstere Wolke tritt, so befinden wir uns gleich in Dunkelheit; wenn aber der Mond (der doch aber auch ein Licht sein will) darzwischen kommt, und sich an statt der Sonne darstellet, so macht er gar eine Finsternis, doch nicht der Sonnen, sondern nur unsern Augen; am allermeisten aber wenn zwischen uns und die Sonne die dicke und finstere Erde (wie in der Nacht geschiehet,) zu stehen kommt, so überfällt uns stockdicke Finsternis.
Und eben so ist es auch mit GOtt und uns: Wenn GOtt immer vor unsern Augen, und wir mit Gebet und Hoffnung auf ihn sehen, so stehet es wohl mit uns und unsern Sachen, weil alsdann der helle Glanz seines Angesichtes uns leuchtet: wenn aber irgend eine Wolke der Vergeßlichkeit dazwischen tritt, oder andere fremde Mittel an statt GOttes sich uns vor Augen stellen, oder ein irdisches tierisches Wesen uns gar von GOtt abwendet; so umgibet uns gleich Finsternis des Irrtums und der Sünden, Angst und Schmerz allerlei Traurigkeit und Beschwerung.

Exempel davon.
Und aus der Ursach hat Christus nicht allein befohlen, sondern auch uns mit seinem Exempel gezeiget, daß man allezeit beten solle, Luc. 18, 1.
Deswegen ging Moses bei allen vorfallenden Angelegenheiten in die Hütte des Stifts mit GOtt Rat zu pflegen; und David wendete sich in allen fröhlichen und traurigen Begebenheiten immer zu GOtt, hatte auch, so bald er des Nachts erwachete, gleich seinen Umgang mit GOtt, Ps. 25, 15. Ps.119, 18. Denn die Weisheit muß man von GOtt suchen, daß sie bei uns sein und uns regiere; ohne sie aber sind alle unsere menschlichen Gedanken, Anschläge und Überlegungen sehr gefährlich, Weish. 10, 14.  Als Josua mit den Ältesten in Israel unterließen wegen der Gibeoniter des HErrn Mund zu fragen, so irreten sie; c. 9. Als David sicher und im Frieden war, wurde er lau in der Andacht zu Gott, und tat daher einen höchstgefährlichen Fall. <2. Kön. ll.>
Hingegen, wenn Judas Macabäus mit den Feinden streiten sollte, so betete er allezeit zuvor inbrünstig, und wenn er sich so GOtt befohlen hatte, so siegete er; da er aber zweimal das Gebet unterlassen, (3. Mac. 12. und 2. Mac. 9.) 50 vergab es ihm zwar GOtt einmal, das andere mal aber verlor er den Streit, und kam selbst um. Deswegen trauet ein GOtt ergebener niemals sich selbst, seinem Verstande, äußerlichen Mitteln, menschlicher Hilfe und keiner Kreatur, sondern siehet immer auf GOtt, seufzet immer zu ihm, denket jederzeit an ihn, überläßt und befiehlt sich ihm immerdar. O selig wer dieses tut!
Im Text: „Luk. 18, 19.“ Im Text richtig: „139, 18.“ Text richtig: „Sap. 9, 10.“ 2. Sam. 11. Denn wer den Allerweisesten zum Ratgeber, den Erfahrensten zum Führer, und den Barmherzigsten zum Helfer, den Allerstärkesten zum Beschirmer aller seiner Taten, Reden und Gedanken, ja seines ganzen Lebens hat, wie sollte der fallen oder unglücklich irren können? Darum, der du dich einmal deinem barmherzigen und gnädigen GOtt ergeben, und dich ihm immer mehr ergibest, falle öfters auf deine Knie oder gar auf dein Angesicht, und schütte dein begieriges Herze vor deinem Erbarmer mit folgenden oder andern Worten, die dich der Geist GOttes lehren wird, inbrünstig aus:
Ach mein HErr JEsu Christe, du Mittler zwischen GOtt und Menschen, du einziger und allergnädigster Heiland der ganzen Welt, der du nach dem unerforschlichen Rat der Weisheit GOttes, als das einige sichtbare Centrum Himmels und der Erden dargestellet bist, daß in und zu dir alles Anliegen aller Geschöpfe, und dazu auch aller Schätze GOttes, Gnade und Gaben zusammen fließen möchten. Zu dir, als meinem einigen Erlöser, richte auch ich meine Hände, Augen und Herze, ja alle meine innerlichen und äußerlichen Kräfte, und bitte um Erbarmung. Denn ich mag mich auch sonst hinwenden, wo ich will, so finde ich rings herum um mich in der Welt, ja auch in mir selber, nichts als lauter Unruhe, Angst, Mühe, Plage; und das von Zeit zu Zeit, mit meiner größten Gefahr und Schmerzen; weiß aber auch keinen andern sichern Hafen, dahin ich fliehen könnte, als allein zu deiner Barmherzigkeit. Ach alles, alles, alles ist ganz eitel, ja die Eitelkeit selbst, was du mein GOtt nicht selber bist. Ich habe erforschet, erkannt, erfahren und befunden, daß keine Freunde, wie viel ihrer auch sind, nichts helfen; keine Beschirmer, wie mächtig sie auch wären, uns nicht können in Sicherheit setzen, oder verteidigen; keine Schätze und Güter, sie mögen auch so groß sein als sie wollen, uns nichts nützen. Keine Zuflucht, wie heimlich sie auch sei, uns kann verbergen; keine Bücher, wenn sie auch am klügsten zusammen geschrieben wären, uns nicht trösten können; wo du nicht selbst, mein GOtt, ratest, hilfst, vertrittst, verbirgest und tröstest. Und derohalben ist deiner Knechte sicherste Burg und Festung, daß sie auf dich allein vertrauen. Aller Augen sehen auf dich, o du Vater aller Barmherzigkeit! verlaß doch auch mich nicht, auf dich traue ich. Reiße mich aus der Welt und aus mir selbst, und nimm mich zu dir, ja in dich, in dein Herz, o mein GOtt! meine Barmherzigkeit! du siehest was mein Herz wünschet und verlanget; siehest aber auch und weißt, was in meinem Fleische ist und mich daran hindert. Ich verstehe weder eines noch das andere recht, und weiß weder zu unterscheiden wohin mich dein Geist, oder die fleischliche Vernunft, oder auch die Lust der Sünden ziehet? weiß auch nicht, was ich bei dieser oder jener Sache erwählen oder verwerfen soll? So groß ist meine Dummheit! welches ich gestehe, ja von Herzen gestehe und bekenne. Erbarme dich aber, und vergib es, daß immer unsere elende Vernunft sich reget, erhebet und sperret wider deine Weisheit, und fahre nur doch immer fort alles selbst mit dir abzumessen, und meinen und deinen Taten Gesetze und Grenzen zu setzen. Ach GOtt nimm doch, nimm doch diese Torheit von mir! Nimm mich, (der ich hier vor den Füßen deiner Barmherzigkeit liege) ach nimm mich nur aus meiner Macht, und gib mich dir. Nimm von mir, wie ich demütig bitte, meinen Willen, meine Vorsichtigkeit, meinen Verstand, Absicht und alles was ich habe, daß dieses alles nicht mehr mein, sondern deine sei. Ich gebe und übergebe dir alles, mir aber laß ich nichts; du, du sollst es mit ewigem Recht besitzen; doch ich erkenne, daß auch nicht in meinem Vermögen stehet, alles so von mir zu legen, wo du es nicht von mir nimmest. Ist aber hier etwas bei mir, und ich es nicht verstehe, so erbarme dich und öffne mir die Augen, daß ich sehe, und nicht nur, was ich tun soll, wisse, sondern auch wenn ichs weiß, so gleich tue. Und wenn ich denn auch dazu wieder schläfrig bin, und wegen meiner Unachtsamkeit und Verschwendung mir es hier und da fehlet; so brauche bei mir den Sporn des Kreuzes, (ich überlasse dir die Freiheit, oder bitte vielmehr) mich anzutreiben, zu erwecken, und immer weiter, bis zum Ziele zu jagen! Fleisch und Blut will zwar dieses beschwerlich sein? aber hier bin ich, und will noch in dieser Stunde meine eigene Kanzelei einreißen und über den Haufen werfen, meinem Verstand und Willen gänzlich absagen, und verspreche, mich nicht mehr nach ihnen zu richten; an statt dessen aber, will ich mir deine Weisheit zum Ratgeber, und dein Wohlgefallen zum Führer erwählen; rufe auch dabei Himmel und Erden zu Zeugen; bekräftige du es aber in deiner heiligen Höhe, und schreib es in das Buch des Lebens, daß ich einer von denjenigen, die hier nach deinem Rat geführet, und endlich in die Herrlichkeit aufgenommen werden sollen. Ps. 73, 24. Von diesem Augenblick, von diesem, sage ich, Augenblick, bis in Ewigkeit, sei dieses der Bund und Vertrag zwischen mir sündhaftem, aber doch von dir zu Gnaden angenommenem Geschöpfe, und zwischen dir, dem herrlichen und schrecklichen, aber mir sehr gnädigen GOtt, daß <ich> in Einfältigkeit meines Herzens wandeln und nichts verstehen will, du aber alles verstehen sollst; ich mir nichts weder zum Leben noch zum Sterben erwählen, du aber für alles, was zu deiner Ehre und meiner Seligkeit gehöret, sorgen sollst; daß du mich führest wohin du willst; ich aber nur willig folge, du möchtest mich auch führen wohin du willst, es sei ins Meer, oder gar in den Abgrund. Hier lege ich die Verschreibung nieder, in welcher ich meinem Verstande und Willen absage, und vor Engeln und Teufeln bezeuge, daß ich nicht mein, sondern dein, o HErr JEsu, bin, der du mich mit deinem allerteuersten Blut dir erworben, erkauft und bezahlet hast. Und darum bin ich auch in Ewigkeit verbunden dir und nicht mir zu leben, dir und nicht mir zu folgen, deine und nicht meine Ehre mit allen meinen Lebens-Kräften zu befördern; habe aber auch dargegen wieder Recht und Macht von dir Barmherzigkeit im Leben und im Sterben zu erwarten. Und diesen Vertrag schreibe auch du himmlischer Kanzler, HErr JEsu, in das Buch des göttlichen Andenkens, und versiegle es durch deinen Geist in meinem Herzen, damit es weder durch meine Vergeßlichkeit und Schwachheit, noch durch des Teufels List und Macht in Ewigkeit nicht könne zernichtet werden Amen, Amen!
Dein Name sei in Ewigkeit gelobet, daß du mich führest wohin, und wie du willst, und auflegest, was dir gefällt! Wenn mir es wohl gehet, so rühret es von dir her, dieses erkenne ich, und erfreue mich darüber; wenn es mir aber übel gehet, so bin ich schuld daran, weil ich nichts, als Ohnmacht und Unvermögen bin; aber auch das Widrige kommt von dir, weil du es, mich zu züchtigen und zu bessern, über mich verhängest. Zwar dem Fleisch und Blut ist es allezeit zuwider deine Zuchtrute zu ertragen; aber was soll ich sagen? Hilf mir aus dieser Stunde! aber darum bin ich in diese Stunde kommen, daß du durch meine Erniedrigung verherrlichet werdest. Soll ich sagen: Ists möglich, so gehe dieser Kelch von mir? Ich sage dieses nach deinem Exempel, o mein allerliebster Heiland, ists möglich, so gehe er von mir! Aber doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe! Ich habe die Züchtigung, ja Plage verdienet, das gestehe ich, sei mir nur gnädig! Ich will deinen Grimm tragen bis der Zorn vorüber gehet, und der Trost sich wieder zu mir wendet. Deine allmächtige Hand ist stark genug alle Anfechtungen abzuwenden und mich von aller Angst zu befreien; allein ich begehre nichts mehr, als daß du nur deine Hand unterlegest, daß ich nicht strauchele. Es geschehe mit mir, wie es dir gefällt, o GOtt mein Erbarmerl ich will mir nichts erwählen. Willst du, daß ich der Welt angesehen sei, so sei dafür gelobet! willst du aber, daß ich veracht und vergessen sei, so sei auch dafür gelobet! Beliebet es dir, mich mit Trost heimzusuchen, so sei dein Name gepriesen! oder mich in der Angst zu lassen, so sei gleichfalls dein Name gepriesen! Ach erhöre mich, mein Heiland und sende mir deine Gnade und Hilfe, ja deine Macht, daß sie bei mir sei, mit mir arbeite und mit mir ausharre bis ans Ende. Gib nur daß mein Herz allezeit darnach wünsche und verlange, was dir gefällig sein möchte. Dein Wille sei mein Wille und mein Wille müsse sich immer nach deinem Willen richten, und demselben folgen. Mein Wollen und Nicht-wollen sei dir überlassen; ja laß mich auch nichts anders wollen, oder nicht wollen, als nur was dir gefällt, oder auch mißfället. Befestige mein Herz in dir, daß es sich in Ewigkeit nicht mehr wo anders hinwende, ja umzäune es in dir selber, daß es sich auch nicht einmal außer dir wo auswärts umsehen könne. Gib daß sich mir die Welt und alles aus den Augen verliere, und ich ihnen auch ganz aus den Augen komme; ja laß mich der Welt und die Welt mir abgestorben sein; hingegen aber daß ich dir, und in dir, du aber mir, und in mir lebest. Nun gehe ein, meine Seele, in deine Ruhe, denn der HErr ist dein Wohltäter. Ps. 116, 7. Herzlich lieb hab ich dich o HErr, denn du bist mein Fels und meine Burg, mein Erretter, mein Schild, das Horn meines Heils, meine Zuflucht, hochgelobet in Ewigkeit! In dieser Ruhe, in diesem Frieden, in dieser seligen Stille, in dir, o Allerhöchster, du einige ewige Süßigkeit! will ich einschlafen und ruhen bis in die Ewigkeiten der Ewigkeiten
Amen, Amen, Amen!

 

 

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