Die Zehn Gebote

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Mose erhält die Zehn Gebote; Mosaik im Katharinenkloster auf dem Sinai (6. Jh.)

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Leonhard Ragaz, Die Revolution der Bibel
Die Zehn Gebote
Erklärt durch Leonhard Ragaz

I. Sinn und Wesen der Zehn Gebote

Frage: Was bedeuten die Zehn Gebote für den Jünger Christi?
Antwort: In den Zehn Geboten ist das Gesetz enthalten, dem auch der Jünger Christi zu gehorchen hat. Sie sind Gottes ewige Grundordnung, aus dem Granit seines heiligen und gütigen Willens gehauen. Sie gelten nicht bloß für Israel, das Volk der Völker, sondern für alle Völker. Sie gelten aber nicht bloß für den einzelnen Menschen in den Völkern, sondern auch für die Völker als solche. Das «Du», das angeredet wird, ist das ganze Volk Israel. Aber das Volk Israel besteht aus Israeliten. So gilt dieses Du auch dem Schweizervolk. Aber dieses besteht aus Schweizern. Darum bist mit dem «Du» auch du angeredet. So gilt es jedem Volk und jedem Menschen.
Frage: Gelten die Zehn Gebote bloß, weil sie in der Bibel stehen, oder, anders gesagt, weil sie auf den granitenen Tafeln stehen, welche Moses vom Sinai gebracht hat?
Antwort: Sie sind in jedes Herz und Gewissen geschrieben von Anfang an, und jedes Herz und Gewissen erkennt sie und anerkennt sie als recht und wahr, als Gottes Gebote, in allen Zeiten und in allen Zonen, auch wenn man ihnen nicht gehorcht. Sie sind der Glanz des Einen und heiligen Gottes in den Menschen hinein. Sie stammen aus der Urverbindung des Menschen mit ihm. Aber sie sind immer wieder vergessen worden, sind verblichen und der Entstellung verfallen. In den Zehn Geboten vom Sinai leuchten sie wieder auf mit ursprünglicher und ewiger Gewalt und Autorität.
Frage: Gibt es nicht sehr verschiedenartige Auffassungen der Zeiten und Völker wie der einzelnen Menschen von dem, was sittlich recht ist?
Antwort: Gewiß. Aber alle ruhen auf der Gebundenheit an ein Letztes und Heiliges und alle gehen doch zuletzt auf das Eine Gesetz Gottes aus, das man überall anerkennt und ehrt, wo es hervortritt. Das zeigt die tiefer dringende Erfahrung und Beobachtung. Es gibt eine Urordnung des Verhältnisses von Gott zu Mensch, eine sittliche (wie religiöse) Uroffenbarung Gottes. Man nennt das, was davon überall lebt, wo menschliches Wesen gilt, das Naturrecht. Dieses kennen und anerkennen, auch wenn sie es nur sie es nur mangelhaft befolgen, auch die sogenannten Heiden, und bezeugen es oft großartig. Es bekommt aber erst in dem Einen und heiligen Gott seinen tiefsten Grund und seine stärkste Kraft und in Christus dann seine höchste Erfüllung.

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18. AZK – Andreas Thiel: Recht und Gerechtigkeit – Gesetz und Moral

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