Gemeinde statt Kirche

commune

Eine zerstörte Kirche in der Nähe von Damaskus
Eine zerstörte Kirche in der Nähe
von Damaskus
verwaiste reich
Das verwaiste Reich Gottes findet nun in der Gemeinde eine neue, angemessenere Trägerin. Die Kirchentür muß aufgestoßen werden, denn Gott will in die Welt.

Die kirchliche Leere Gibt es einen Weg aus der Krise ?
Peter Janssens – Kirche Wofür (1970)

Manfred Böhm (Gottes Reich und Gesellschaftsveränderung. Traditionen einer
befreienden Theologie im Spätwerk von Leonhard Ragaz) /Textsammlung 2:
http://familiadei.org/textsammlung-2/manfred-boehm/
Die dem Reich Gottes adäquate Sozialform ist nicht die Institution der Kirche,
sondern die Gemeinde, die sich als ganzheitliche Lebensgemeinschaft inmitten der Welt versteht
und nicht bloß als sakraler Zusammenschluß um die beiden Elemente
Kultus und Dogma. Reformiertes Erbe und anarchistischer Einfluß wirken hier zusammen.

Die Kirche: Vielleicht müssen wir von den volkskirchlichen Ideen Abschied nehmen.
Möglicherweise steht uns eine anders geartete, neue Epoche der Kirchengeschichte bevor, in der das Christentum eher wieder im Senfkorn-Zeichen stehen wird, in scheinbar bedeutungslosen, geringen Gruppen, die aber doch intensiv gegen das Böse anleben und das
Gute in die Welt hineintragen … Die katholische Kirche hat immer noch eine Provokationsmacht, sie ist Stachel und Widerspruch, oder wie der heilige Paulus es ausdrückt,
ist Skandalon, ist Stolperstein. Joseph Ratzinger

Ich glaube, wir müssen noch weiter zurückgehen zum Vorbild der frühen Gemeinde.
Wir brauchen ein gemeinsames Leben in kleinen Gemeinschaften, in denen sich die Leute
wirklich umeinander kümmern. Søren Kierkegaard

Die Botschaft vom Reiche Gottes, 1942
J. Was verstehen Sie unter Gemeinde?
M. Wie gesagt: die besondere Gemeinschaft, welche die Aufgabe hat, das Reich Gottes
zu wollen, das heisst, es auf sich zu nehmen und in die Welt zu tragen.
J. Darf ich sofort eine Frage stellen? Sie reden von der Gemeinde
– warum nicht von der K i r c h e ?
M. Von der Kirche weiss die Bibel nichts…
Die K i r c h e ist die Trägerin der R e l i g i o n, so wie wir sie nun kennen – nicht wahr?
Sie ist, wie einer der grössten Theologen der neuen Zeit, Richard Rothe, formuliert hat,
die Organisation der Sache Christi in der besonderen Form der Religion. Sie ist Trägerin der Lehre, des Kultus, der Sitte, der Frömmigkeit. Sie baut den Tempel und daneben auch die Synagoge, auch in christlicher Form. Sie schafft Theologie, Dogmatik und Ethik, vor allem das Dogma selbst. Sie kämpft für die Religion, das heisst, sie kämpft für sich selbst, für ihre eigene Geltung, ihre eigene Macht. Sie bindet in dieser oder jener Form, sei es direkt als Kirche oder als von ihr ausgelegte Bibel, das Heil an sich selbst, macht sich selbst zur
Bedingung des Heils. Dieses Heil ist wesentlich p r i v a t e s und j e n s e i t i g e s Heil.
Kurz: es ist Religion, es ist menschliche Sache und Mache; Die Kirche setzt sich an die Stelle Gottes; sie tut, als ob sie die Sache Gottes wäre, leitet damit aber von Gott weg und verfällt dem Gericht Gottes. Sie wird in der Bibel geschildert und auch gerichtet. Ihr gilt der Kampf Jesu und der Propheten.
J. Und was ist denn die G e m e i n d e ?
M. Ich habe die Antwort schon gegeben: Die Gemeinde ist die Gemeinschaft derer, welche – dazu b e r u f e n, wie ich nun noch ergänzen muss – das Reich Gottes auf sich nehmen, im Glauben seine Verheissung empfangen und im Gehorsam für seine Forderung einstehen. Von ihr redet die Bibel als der wirklichen Gemeinschaft, die Gottes Sache vertritt und
dafür Vollmacht hat – von ihr allein.
J. Und sie also wäre es, welche in Form der Gemeinschaft das Reich Gottes trüge?
M. S i e, ja. S i e hat die Verheissung, dass die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen werden. Aber sie hat eine noch grössere Verheissung, eine positive: Sie ist, möchte ich sagen,
S t e l l v e r t r e t e r i n  G o t t e s  a u f  E r d e n. Sie hat V o l l m a c h t. Von ihr gilt, was an jener Stelle weiter gesagt ist: Sie hat die Schlüssel des Himmelreiches; was sie auf Erden bindet, wird auch im Himmel gebunden sein und was sie auf Erden löst, wird auch im Himmel gelöst sein, das heisst: sie hat Vollmacht zur Vergebung der Sünden; ihr Gebet hat Vollmacht; sie hat Vollmacht des Sieges. Das alles gilt von der kleinsten Gestalt der Gemeinde bis zur umfassendsten. Denken Sie in bezug auf das Erste an die Worte Christi:
„Wo zwei oder drei von Euch beieinander sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen“ und „Wo zwei oder drei unter Euch miteinander übereinkommen, dass sie um eine Sache bitten wollen, soll es ihnen gegeben werden.“

Weltreich, Religion und Gottesherrschaft, 1922
S i e  s t e l l t  s i c h  G o t t  i n  d e n  W e g. Dies entspringt schon daraus, dass sie sich selbst sucht. Aber es lässt sich auch sonst als Folge ihres ganzen Grundwesens aufzeigen. Die Kirche hat eine feste Wahrheit, auf der sie ruht. Gott aber ist nicht der Ruhende, sondern rastlos Vorwärtsschreitende. Die Kirche ist Besitzerin der Wahrheit Gottes, aber aller Besitz in diesem Sinne trennt von dem Gott, den man immer nur in der „geistlichen Armut“ haben kann; die Kirche nimmt ihren Gliedern die Sorge um ihr Verhältnis zu Gott ab und setzt an Stelle des Gewissens die Autorität, aber der wirkliche Gott kann sich nur dem Gewissen offenbaren, das zunächst das Gewissen des E i n z e l n e n ist. Die Kirche weiht die Welt, so wie sie ist, mit ihrem Elend und Unrecht, und erschwert damit, dass sie w i r k-
l i c h Gottes Reich werde; die Kirche tritt jeder freien Regung neuer Wahrheit entgegen und hindert damit, dass Gotteserkenntnis unter den Menschen wachse; die Kirche erweckt den Schein, als ob mit ihr, mit ihrer Liebe, ihren Gottesdiensten, ihren Einrichtungen Gott und sein Reich schon vorhanden sei und erzeugt damit eine Augenblendung und Sinnestäuschung, die das Eintreten der Wirklichkeit stärker als alle Feindschaft der Welt versperrt. Sie wird damit zu einer großen Lüge, und wird als solche von allen wahren Menschen Gottes gehasst, die sie selbst dafür kreuzigt und verbrennt. Die Kirche wird die große Feindin Gottes. Weil dies so ist, so haben wir daraus die Folgerung zu ziehen: Wir können nicht
bloß eine Verbesserung der Kirche fordern, sondern müssen ihre A u f h e b u n g verlangen.
Es handelt sich nicht nur um Erkrankung, Erstarrung, Entartung einer an sich rechten
Sache, die Wurzel selbst ist ungut, das Prinzip ist falsch.

Der Kultus ist ein Greuel vor Gott ohne die Gerechtigkeit seines Reiches.
Jeder Kultus, auch Messe und Abendmahl. Jedes Bild – auch das Kruzifix !

Es gibt einen Kultus im Sinne der Religion
und es gibt einen Kultus im Sinne des Reiches

M. Das Verhältnis zwischen beiden Formen ist so: Im Sinne der Religion ist der Kultus die Hauptsache und das Reich Gottes, soweit man in dieser Sphäre davon reden darf, bloss
Anhang, in der Gemeinde des Reiches ist dieses die Hauptsache und der Kultus
bloss Anhang.
J. Bloss Anhang?
M. Das ist vielleicht, ich gestehe es, ein zu geringschätzig klingendes Wort. Ich meine: als
A u s d r u c k des Glaubens an das Reich und sogar des Reiches selbst, als Hinweis darauf, als Stärkung im Glauben daran und im Dienste daran haben Wort, Lied, Gebet eine grosse Bedeutung. Auch die rechte gottesdienstliche G e m e i n s c h a f t an sich hat ihren Sinn und Wert. Ihr gilt im Speziellen, was von der V o l l m a c h t der Gemeinde überhaupt
gesagt worden ist.

The top is traditional Catholics bottom half is the pope Bergolio circus demon mass

Erwartung und Erfüllung von Eberhard Arnold
Die frohe heilige Erwartung der kommenden Gerechtigkeit und Liebe ist schon im Laufe der Jahrtausende in allen Völkern festzustellen, oft nur als eine verborgene Sehnsucht,
die auf die Einung der Menschen untereinander gerichtet ist, die zerrissen und in Uneinigkeit ihrem Verderben verfallen schienen. Und nun ist Er gekommen in der Unscheinbarkeit der Erniedrigung, in der Armut, außerhalb der menschlichen Gesellschaft, im Futtertrog des Viehstalles. Nun ist Er gekommen, der Geringste unter den Geringen. Nun ist Er gekommen, der unter den Verbrechern hingerichtet wurde von dem moralisch und juristisch vorzüglichsten Staat, von der demagogischen Stimme der Massen.
Nun war Er gekommen und ist getötet worden; denn man wollte nicht, dass dieser Zeuge lebe. So liegt in Wahrheit Leben, Sterben, Auferstehung und die Ausgießung seines Geistes in der Einung seiner Gemeinde, der Urkirche.
Zu allen Zeiten hat es solche gegeben, die diesen Weg gegangen sind, auf welchem die Freude der Liebe zur völligen Armut, zu Gemeinschaft in Arbeitsgemeinschaft und völliger Lebensgemeinschaft führt.
Zu allen Zeiten hat es diesen Weg und diese Erfüllung gegeben. Und auch heute ist dieser Aufruf ergangen. Nötiger als jemals brauchen wir Männer und Frauen, alte und junge
Menschen, die sich zusammenschließen zu dem Weg völliger Gemeinschaft.

Leonhard Ragaz: Wer ist Jesus gewesen? Was hat er gewollt? Die Evangelien müssen uns dies sagen ..Nun gibt es darin Partien, auf denen so hoher Schutt unsicherer Überlieferung liegt, daß wir die ursprüngliche Wahrheit nicht mehr zu erkennen vermögen, andere wieder, die uns nicht so viel zu sagen vermögen. Dazwischen aber stoßen wir plötzlich auf
Urgestein, wo der geschichtliche Sachverhalt klar zu Tage tritt und wir festen Boden unter den Füßen haben. Und da treffen wir unverfälschtes und unverkennbares originales Leben. Eine solche Stelle ist die, wo es von Jesus heißt: „Er ging umher in all ihre Städte und
Dörfer, in ihren Synagogen lehrend, die frohe Botschaft vom Reiche Gottes verkündigend und allerlei Krankheit und Gebrechen heilend.
Wie er nun den Zustand der Massen sah, jammerte ihn derselben, denn sie waren verschmachtet und zerstreut wie Schafe, die
keinen Hirten haben. Da spricht er zu seinen Jüngern: ‚Die Ernte ist groß, der Arbeiter aber wenige, darum bittet den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter sende in seine Ernte’
(Mt 9,35-38).
Das ist für jeden Menschen, der sozial fühlt, eine der heiligsten Stellen,
nicht nur in den Evangelien, sondern in aller Literatur überhaupt. Hier schauen wir sicher in Jesu Herz hinein und erfahren, was ihn ans Werk trieb. Es war die Not seines Volkes,
die ihn erschütterte ..

Sakramente der Kirche
Das Reich Gottes ist kein abstraktes Konzept, sondern eine lebendige Wirklichkeit, die das menschliche Verständnis übersteigt. Um dieses Geheimnis zu erklären, sprach Jesus in Gleichnissen, die dem Alltagsleben entstammten. In gleicher Weise hat er einige schlichte Handlungen für seine Kirche eingesetzt, die zeichenhaft die Macht seines Reiches veranschaulichen: das Waschen mit Wasser in der Taufe, das gemeinsame Brechen des Brotes und Trinken des Weines beim Abendmahl, die Handauflegung zum Aussprechen der Vergebung oder zur Bitte um Heilung, die Erteilung des Bußsakraments, und das Verbinden von Mann und Frau in der Ehe. Seit frühchristlichen Zeiten sind diese Handlungen als Sakramente bekannt: heilige Zeichen, die der verborgenen Realität Christi in unserer Mitte eine sichtbare Form geben. Für sich genommen, bewirken diese symbolischen Handlungen
keine Wunder. Vielmehr sind sie Ausdruck des Gebetes der geeinten Kirche, dass Gott
handeln möge. Sie veranschaulichen das Wirken Christi und sind Siegel der Vollmacht,
die er der Kirche gab, als er ihr die Schlüssel des Reiches Gottes anvertraute.
Daher kann die Gemeinde diese Handlungen nur in großer Ehrfurcht vornehmen.

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