WIKIPEDIA Mammon
Bargeldverbot in Indien
Abba – Money, Money, Money
Ulrich von den Steinen: Agitation für das Reich Gottes
Zur religiös-sozialen Predigtpraxis und homiletischen Theorie
bei Leonhard Ragaz
Leonhard Ragaz: Wie soll ein Christ sich verhalten im großen sozialen Kampf der
Gegenwart? Lassen Sie mich nun versuchen, auf Grund dieser Erkenntnis die Sachlage
zu schildern, die wir mit dem Maßstab des Evangeliums Jesu zu beurteilen haben..
Ich möchte euch heute vor ein einziges Problem stellen, das Problem, das aus den
Worten Jesu aufsteigt, die wir zum Texte gewählt haben.
Warum stellt Jesus Gott gerade den Mammon als seinen größten Feind gegenüber?
Wir erinnern uns ja daran, daß dieser Gegensatz sich durch das ganze Evangelium zieht..
Ist dieser Zorn Jesu gegen das Geldwesen nicht merkwürdig? Warum hat er diese unerbitterlichen Worte nicht gegen andere Dinge geredet, zum Beispiel gegen den Unglauben? Oder gegen die Laster, zum Beispiel die Trunksucht oder Unzucht? So machen ja wir es,
die Prediger des Evangeliums .. Aber anders Jesus; er hat eigentlich nur gegen zwei Dinge
geredet: gegen die falsche Frömmigkeit und gegen den Mammon. Er hat von beiden in
dem Sinne geredet, daß sie die eigentlichen Haupthindernisse des Gottesreiches seien ..
Denn sehet nun: der Inbegriff alles Äußerlichen, Fremden, aller bloßen Sache, ist das Geld. Es ist der bloße blinde Stoff; es ist das Seelenloseste, das es in der ganzen Welt gibt.
Aber darum übt es auf die Seele eine so dämonische Verführungskraft aus. Es will die
Seele überwältigen, knechten, sie selbst zur Sache, zum Stoff, zur bloßen Natur machen.
Das Kapital beherrscht seine Diener wie mit einem bösen Zauber, es berauscht sie ..
Es ist unser Kampf, daß wir diese Dinge, die Sachen, wie ich kurz sagen möchte, beherrschen; soweit wir das tun, sind wir Geist, Seele, Persönlichkeit, mit einem Worte: Mensch; sobald wir uns aber beherrschen lassen, sinken wir ins Untermenschliche oder ins
Unmenschliche hinab ..
Die stärkste Kette aber, die den Menschen an die Welt bindet, ist der Mammon.
Damit stoßen wir, wie jedermann zugeben wird, auf eine der entscheidensten Bestimmungen des Evangeliums. Der Mammon ist in den Augen Jesu der größte aller Feinde Gottes.
Darüber darf man sich eigentlich wundern. Wir würden von uns aus meinen, daß Laster, Unglauben, weltlicher Leichtsinn doch viel gefährlicher seien und richten unseren Angriff vorwiegend gegen sie. Aber gerade das Nachdenken über dieses scheinbare Rätsel führt uns tiefer in die Gedanken Jesu ein. Warum ist der Mammon der Hauptfeind? Weil er die Seele knechtet, ja tötet, sie der brutalen Sache, dem was fremd und äußerlich ist,
unterwirft und sie damit von Gott trennt.
Erfahrungsgemäß hat keine der Weltmächte eine so dämonische Gewalt über die Seele,
sie zu versklaven, sie für alles höhere Geistesleben stumpf zu machen, sie sich selbst,
dem Bruder, Gott zu entfremden, als der Mammon. Darum der Kampf Jesu gegen diesen größten Feind Gottes und des Menschen. Wir verstehen nun auch, welches Verständnis
zwischen diesem Kampf Jesu und der Opposition gegen den Kapitalismus bei Menschen, die von Jesus ergriffen sind, besteht. Wir haben ja gesehen, daß es das Wesen des Kapitalismus ist, die Seele, das Persönliche, Menschliche, zugunsten der Sache zu unterdrücken, sie einer Fremdherrschaft zu unterwerfen.
Wilhelm Weitling
Warum lügt der Zeitungsschreiber, warum stiehlt der Dieb, warum betrügt der Kaufmann und warum verteidigt der Advokat eine schlechte Sache? – Alles des Geldes wegen…
Warum verfälscht der Wirt das Getränk, der Bauer die Milch und Butter, warum bäckt der Bäcker das Brot zu klein? – Alles des Geldes wegen … Warum gibt es Leute, die gegen ihre Pflicht, ihr Gewissen und ihre Überzeugung lehren, schreiben und handeln? – Des Geldes wegen. Wenigstens die Hälfte unserer heutigen Ehen sind Geldspekulationen, worin Mitgift, Erbschaft, Hoffnung auf Ämter und frühen Todesfall eine Hauptrolle spielen. Die Liebe ist ein Nusskern, die Ehe sind die Schalen. Das Geldsystem ist der Wurm, welcher sich in den Kern frißt und ihn verdirbt. Schafft den Eheleuten in der gesellschaftlichen Ordnung eine freie, unabhängige, sorgenlose Stellung …dann wird der widrige Skandal aufhören, der heute euren Gerichten alle Hände voll zu tun gibt. Jede gesellschaftliche Verbesserung,
die man durch Kapitalienverteilung bezweckt und worin das Geld die Hauptrolle spielt,
kann keine vollkommene sein. Je ärmer der Arbeiter ist, für desto mehr Händler und
Krämer muß er arbeiten, welche sich alle auf seine Unkosten zu bereichern suchen; nicht immer aus eigenem bösen Willen, sondern weil die ganze Gesellschaft nach dem Wuchersystem organisiert ist. Um die Grausamkeiten der Todesstrafen zu mildern, bedienten sich die Alten des Giftes, die Neuen der Guillotine; um uns nicht fühlbar zu machen, dass wir
für andere arbeiten müssen, dazu bediente man sich des Geldes. So war denn mit dem
Eigentum auch der Diebstahl und der Raubmord erfunden worden. Beide Erfindungen
waren voneinander unzertrennlich. Das Eigentum war die Mutter des Diebstahls und des Raubmordes! Die Kühnsten und Stärksten griffen zu den Waffen und machten aus der Kunst, sie zu führen, ein Handwerk. Der Raub wurde jetzt im Großen getrieben, wie der
Handel. Von der Zeit an nannte man alles gestohlene Gut Eigentum, und den Austausch
der gestohlenen Güter Handel. Früher machte man den Menschen mit Gewalt zum
Sklaven; jetzt verkauft er sich selber, seine Gesundheit, seine Jugend und sein
Blut für das, was man ihm Vaterland zu nennen gelehrt hat …